LINZ/WIEN. Obwohl er mehr als zehn Kilo Cannabiskraut geerntet hatte, ging ein Oberösterreicher straffrei aus. Gedeckt ist dies durch ein neues Suchtmittelgesetz.
Die Staatsanwaltschaft stellte kürzlich das Verfahren gegen den Mann unter einer Probezeit von zwei Jahren ein. Denn nach dem neuen Paragraf 35 des Suchtmittelgesetzes muss die Anklagebehörde von der Strafverfolgung zurücktreten (Diversion), wenn der Verdächtige das Suchtmittel „ausschließlich für den persönlichen Gebrauch“ besessen hat.
Bis zum Jahreswechsel war nach dem alten Gesetz die Verfahrenseinstellung nur möglich, wenn der Verdächtige eine bloß „geringe Menge“ besessen hatte – bei Cannabis waren dies Mengen im Gramm-Bereich.
Unabhängig von Menge
Das neue Gesetz stellt nun nicht mehr auf eine bestimmte Menge, sondern nur noch auf den persönlichen Gebrauch ab. (Siehe Faksimile aus einem Experten-Kommentar.) Dies beinhaltet auch das Verschenken an Dritte, sofern der Konsument daraus keinen Vorteil zieht. Im Fall jenes Oberösterreichers, der ein angeblich „zufällig gefundenes“ Hanffeld abgeerntet hatte, waren die Indizien für einen Drogenhandel jedenfalls nicht ausreichend.
Bei der Polizei verursacht die neue Regelung einigen Unmut: „Das Problem ist die Beweisbarkeit. Während wir bei einer größeren Menge davon ausgehen, dass der Betreffende auch dealt, sieht das die Anklagebehörde offenbar nicht so. Das stellt unsere Arbeit schon in Frage“, sagt ein Drogenfahnder.
Grund für die Novelle ist laut Sektionschef Wolfgang Bogensberger vom Justizministerium ein EU-Rahmenbeschluss über die Bekämpfung des Drogenhandels. Demnach seien die Gesetze gegen Dealer verschärft worden.
„Allerdings bedurfte es auch einer stärkeren Abgrenzung des Handels gegenüber dem Besitz für den reinen Eigenbedarf. Hier steht das Sanktionsbedürfnis zugunsten des Mottos ,Therapie statt Strafe‘ nicht mehr im Vordergrund“, sagt Bogensberger. Freilich komme es stets auf den Einzelfall an. Eine große Menge Suchtgift alleine reiche als Indiz für Handel nicht mehr aus. (luke/staro)
OÖnachrichten vom 02.07.2008