ENCOD Bulletin zur Drogenpolitik in Europa
Nr. 69 – November 2010
Ayahuasca in Europa
Der Kampf für kulturelle und religöse Rechte
Jeden Tag werden neue Drogen produziert und in der ganzen Welt genutzt und missbraucht. Wenn eine “neue” Drogen auftaucht und in einem Land populär wird, ist die Tendenz sie zu verbieten. Die Vorgehen um die “legalen Highs” in Großbritannien und den Zauberpilzen in den Niederlanden sind nur einige Beispiele für die neuen Verbote.
Drogen oder Substanzen, die nicht in den Verträgen der Vereinten Nationen stehen, werden durch die lokalen Regierungen – getrieben durch die Angst vor neuem und unbekanntem, angefeuert durch das ständige Verlangen der Politiker nach Medien- und Öffentlichkeitsunterstützung – verboten.
Trotz diesem Klimas der Prohibition geschehen Liberalisierungen in den Drogengesetzen. Die medizinische Nutzung von “illegalen Drogen”, wie Cannabis und der sakramentalen Nutzung von psychedelischen Pflanzen, wie Ayahuasca werden in einer zunehmenden Anzahl von Ländern reguliert. Der medizinische Nutzen und die therapeutischen Potentiale von Substanzen die als illegal angesehen werden ist in einer früheren Veröffentlichung von ENCOD diskutiert. Wir werden nun einige Entwicklungen in den Drogengesetzen diskutieren, insbesondere die rituelle Nutzung von psychedelischen “Drogen”, mit dem Beispiel von Ayahuasca.
Ayahuasca (“Ranke der Seele”) ist ein psychoaktiver Tee der aus indigenen Pflanzen des Amazonas gebraut wird und eine Mischung aus MAO Hemmern und Dimethyltryptamin (DMT) darstellt. Zwei Substanzen, die wenn sie oral zugeführt werden eine biochemische Synergie eingehen und tiefgreifende Änderungen des Bewusstseins erzeugen kann (Entheogens and Existential Intelligence: [The Use of Plant Teachers as Cognitive Tools – Kenneth W. Tupper).
Die Santo Daime (“Heilige Gabe”) ist eine von drei religiösen Gruppen, sogennten synkretische Kirchen, die aus Brasilien stammen und Ayahuascatee in ihren Zeremonien, ihren Arbeiten, nutzen. Diese Arbeiten können 6 bis 12 Stunden andauern.
Während die meisten der ungefähr 4000 Santo Daime Mitgliedern in Brasilien leben, gibt es nun auch auf allen anderen bewohnten Kontinenten neue Santo Daime Ableger. Seitdem die Santo Daime Kirche in den 1980er Jahren erstmals in Europa arbeitete, hat sie sich nun in 15 EU Nationen verteilt.
Die transnationale Verbreitung dieser Ayahuascareligionen ist eine Herausforderung für die europäischen Nationen, da sie versuchen, die Prinzipien der religiösen Freiheit aufrecht zu erhalten; auf der anderen Seite werden der Besitz oder der Konsum von psychoaktiven Substanzen die im Ayahuasca vorhanden sind (Dimethyltryptamin, DMT, welches auch als kontrollierte Substanz in den Verträgen von 1971 gelistet wird) als Straftat angesehen.
1987 wurde in Brasilien Ayahuasca legalisiert für den religiösen Gebrauch durch nicht-indigene Menschen (Edward MacRae – The development of Brazilian public policies on the religious use of Ayahuasca in Labate & Araújo -The Ritual Use of Ayahuasca). In den USA haben die höchsten Richter immer wieder zu Gunsten der religiösen Gruppen die Ayahuasca gebrauchen entschieden und kurzliche Urteile in Kanada haben einen legalen Grund und Ausnahme für die Santo Daime Kirchen geschaffen. Zurzeit ist der einzige Staat in Europa der Ayahuasca für religiösen Gebrauch legalisiert hat die Niederlande, in denen die Santo Daime Kirchen das Recht, ihren Tee zu gebrauchen, 2001 bekommen haben.
Kontroverserweise wurde 2005 Frankreich die einzige Nation, deren Gerichte den religiösen Gruppen ihr Recht, Ayahuasca zu nutzen, absagte. Ende September 2010 wurden zwei Mitglieder der Santo Daime in England verhaftet während die Polizei eine größere Menge Ayahuasca beschlagnahmte. Während die Mitglieder der britischen Santo Daime ihren Tee als “heiliges Sakrament” ansehen, sehen die Polizei darin eine “Klasse A Droge”.
Zu diesem Zeitpunkt ist die Zukunft von Ayahuasca in Europa unsicher. Regierungen scheinen zu zögern in ihrem Versuch, die Santo Daime Mitglieder zu verfolgen, da sie ihre eigenen Politik der Bürgerrechte auf religiöse Freiheit nicht zertrampeln wollen. Die Krux an der Sache liegt in einer Wissenslücke, während sowohl die Öffentlichkeit als auch die europäischen Gesetzesmacher effektiv ignorant gegenüber Ayahuasca bleiben, einem relativen Neuankömmling gegenüber üblicheren “psychedelischen” Komponenten.
Die vorherrschende Sichtweise der westlichen Regelwerke, welche überwiegend darüber einstimmen das solche Substanzen “Halluzinogene” seien, impliziert dass die resultierende Erfahrung eine Verzerrung der Realität wären, eine extrem konträre Sichtweise zu dem der Santo Daime Anhänger. Letztere verstehen Ayahuasca als ein “Entheogen”, welches normalerweise ungesehene spirituelle Ebenen eröffnet, eine Substanz, die das “innere eröffnet”. Die Meinungsverschiedenheit über die Terminologie markieren ideologische Sackgassen von denen nun die zukünftigen Debatten über den Platz von Ayahuasca in einem Post-sekulären Europa starten müssen.
Ähnlich wie andere sogenannte Psychedelika birgt der Ayahuascakonsum einige Risiken. Es ist bekannt, dass wenn es in einem sicheren und strukturierten Rahmen, dem Setting, wie der einer Ayahuascazeremonie, konsumiert wird, niedrigere Risiken und sogar potentielle Nutzen hat. Im Lichte zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen (Scientific references and information about ayahuasca cerimonies in Europe were given by Marc Blainey, anthropologist and PH.D. Candidate at Tulane University, New Orleans, USA), und bezugnehmend auf die fundamentalen Rechte zu Religion und Kultur, ist es überwältigend klar dass diese Substanzen viel genauere Nuancen in der Gesetzgebung verlangen (Regulated Drug Markets in Practice – Psychedelics – in TRANSFORM – After the War on Drugs: Blueprint for Regulation).
Von Marisa Felicissimo
PS: Taita Juan Bautista Agreda, ein kolumbianischer Shaman, wurde am 19. Oktober 2010 am Bush International Flughafen in Houston/Texas verhaftet. Er trug Ayahuascamedizin mit sich, um Zeremonien in Oregon durchzuführen. Lies hier noch etwas über seinen Fall und wie du ihm helfen kannst.