ENCOD BULLETIN ZUR DROGENPOLITIK IN EUROPA
NR. 44 OKTOBER 2008
HERBSTZEIT
Der Herbst hat begonnen. Erntezeit, zumindest in Europa. Wir wünschen hierbei allen Glück und Erfolg. Herbst ist auch die Zeit der Vorsorge für den kalten Winter, die Zeit sich einen warmen Platz zu sichern, trotz aller Widrigkeiten. Sich einen warmen Platz zu sichern, bzw. warme Plätze zu vernichten, wird zurzeit in Holland versucht, wo es unter anderem Coffee-Shops an den Kragen geht. Wir informieren, wie Encod den lokalen Widerstand unterstützt. Eine Ernte versucht man, trotz Sturmwetters, in der Schweiz einzufahren. Hier wird am 30. November über ein neues Betäubungsmittelgesetz, eine Hanflegalisierungs-Initiative, aber auch über ein komplettes Verbot abgestimmt, vielleicht vorbildlich für Europa?
Am 6./7. September fand in Amsterdam eine weitere Sitzung des Steering Comites der Encod statt. Hierbei wurde beschlossen, in Holland die Aktivitäten gegen die neue harte Linie der Regierung zu unterstützen (siehe weiter unten). Zudem wurden die Teilnahme von Drogenkonsumentinnen an der Entwurf der europäischen Drogenpolitik, die Vorbereitungen der Veranstaltungen zur UNO-Drogenkonferenz in Wien vom nächsten Frühling und die Propagierung des CSC-Modells (Cannabis Social Club) zu Schwerpunkten erklärt. Es wurden auch verschiedene interne Reorganisationen angegangen.
Mehrere holländische Cannabis- und Hanf-Unternehmen haben sich zusammen getan, um vom 24. November bis 4. Dezember in Amsterdam und Den Haag eine Serie von Veranstaltungen durchzuführen. Das Ziel ist es, die nationale Aufmerksamkeit auf das Versagen des aktuellen holländischen Staates bei der Regulierung von Cannabis und Hanf zu lenken. Encod wird in der Person von Joep Oomen mithelfen und am 1. und 2. Dezember in Den Haag ein öffentliches Tribunal organisieren. Demonstrationen und ein Filmfestival in Amsterdam werden durch andere organisiert.
Am 30. November finden in der Schweiz zwei nationale Volksabstimmungen zu Drogenthemen statt: Einerseits wird über das neue revidierte Betäubungsmittelgesetz abgestimmt. Andererseits sucht eine Volksinitiative die Mehrheit für eine Legalisierung von Hanf auf Verfassungsstufe.
Nachdem vor ein paar Jahren ein Revisionsvorschlag für das Betäubungsmittelgesetzes nicht durchkam bei beiden Parlamenten, wurde nun ein neuer Vorschlag ausgearbeitet, der die Zustimmung beider Parlamente fand. Darin sollte vor allem das 4-Säulenprinzip (Prävention, Therapie, Schadensminderung, Repression) verankert werden, das u.a. auch die Heroinabgabe beinhaltet.
Dagegen hat nun die Eidgenössische Demokratische Union (EDU) das Referendum ergriffen. Der EDU ist in erster Linie die Heroinabgabe ein Dorn im Auge. Abstinenz und Repression ist für diese Partei die richtige Lösung!
Ein weiterer Punkt in diesem Revisionsvorschlag ist für Andere ein Grund, das Referendum zu unterstützen: Die Revision enthält auch ein Verbot der Hanfpflanze, die bisher in der Schweiz nicht verboten war, sondern nur deren Gebrauch als Betäubungsmittel oder Heilmittel.
Auch bei der Heroinabgabe gäbe es bessere Lösungen als diejenige, die jetzt praktiziert wird. Die Abgabe erfolgt erst, wenn die Süchtigen sehr krank sind und keine Entzugstherapie Erfolg zeigte. Ob es Sinn macht, die Süchtigen jahrelang verunreinigtes Schwarzmarktheroin konsumieren zu lassen und erst zu helfen, wenn bleibende körperliche Schäden vorhanden sind, ist auch umstritten.
Weitere Informationen zu dieser Gesetzesvorlage finden Sie bei www.admin.ch.
Schweiz: Eine Chance für den Hanf!
Die Initiative „Pro Jugendschutz – gegen Drogenkriminalität“ hat folgenden Inhalt:
Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 105a (neu) Hanf
1. Der Konsum psychoaktiver Substanzen der Hanfpflanze sowie ihr Besitz und Erwerb für den Eigenbedarf sind straffrei.
2. Der Anbau von psychoaktivem Hanf für den Eigenbedarf ist straffrei.
3. Der Bund erlässt Vorschriften über Anbau, Herstellung, Ein- und Ausfuhr von sowie Handel mit psychoaktiven Substanzen der Hanfpflanze.
4. Der Bund stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass dem Jugendschutz angemessen Rechnung getragen wird. Werbung für psychoaktive Substanzen der Hanfpflanze sowie Werbung für den Umgang mit diesen Substanzen sind verboten.
Stimmt die Mehrheit der Bürger und der Bundesstaaten zu, würde dies Teil der Verfassung. Interessant ist, dass sich im Vorfeld viele auch konservative Politiker dafür ausgesprochen haben.
Die Initiative schafft Ordnung, macht Schluss mit der Rechtswillkür, setzt klare Leitplanken und ermöglicht präventives Handeln und frühzeitiges Eingreifen!
Die Initiative ermöglicht den kontrollierten Anbau mit Qualitäts- und Herkunftsnachweis zum Beispiel durch die Bauern und kontrollierten Handel in reglementierten Verkaufsstätten!
Die Initiative setzt Gelder sinnvoll für Prävention ein, anstatt jedes Jahr Milliarden in den Schwarzmarkt fliessen zu lassen und dem Staat Hunderte Millionen an Steuergeldern zu entziehen.
Weiter Informationen dazu finden Sie beim Initiativkomitee unter www.projugendschutz.ch.
Dieser Text ist ein Vorbild für ganz Europa, denn er ist ein Vorschlag wie die heutige Hanf-Situation sinnvoll und wünschenswert verändert werden kann mit konstruktiven Lösungsmöglichkeiten.
Dieser Gesetzestext mit seinen Argumenten könnte auch als Vorlage für eine Petition oder einen Gesetzesvorschlag dienen, welche Encod mit ihren Mitgliedern auf europäischer Stufe lancieren könnte.
Ebenfalls erwähnenswert im Zusammenhang mit diesen Abstimmungen ist die sehr gute Arbeit der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen (EKDF), die nach jahrelanger Arbeit ein neues Model der Drogenpolitik vorgestellt hat weg von der Drogenpolitik zur Politik der psychoaktiven Substanzen.
Informationen dazu finden Sie in mehreren Sprachen bei www.psychoaktiv.ch.