Pressemitteilung, 6. Dezember 2013
Encod stellt Manifest für sichere und gesunde Drogenpolitik bei Anhörung im Europäischen Parlament vor
BRÜSSEL – Encod, die Europäische Koalition für eine gerechte und wirksame Drogenpolitik, hat heute ein Manifest für eine sichere und gesunde Drogenpolitik bei einer Sonderanhörung im Europäischen Parlament vorgestellt. Darin sind zehn Empfehlungen an den Europäischen Rat enthalten, die das Europäische Parlament 2004 verabschiedet hat und die nie umgesetzt wurden.
Drogenreformaktivisten aus ganz Europa hatten sich zu der Anhörung in Brüssel heute versammelt. Sie sprachen über die neuesten Drogenreformentwicklungen und verabschiedeten ein Manifest für eine sichere und gesunde Drogenpolitik. Das Dokument enthält zehn Empfehlungen an den Europäischen Rat, die das Europäische Parlament 2004 herausgegeben hatte. Keine davon ist umgesetzt worden. Encod bittet alle Kandidaten für die Europaparlamentswahlen im Mai 2014 dieses Manifest zu unterschreiben und die Empfehlungen zu unterstützen.
Joep Oomen, Encod-Koordinator: „Das Drogenverbot ist komplett gescheitert und der Krieg gegen Drogen wird zunehmend als unwirksame und schädliche Politik wahrgenommen, die mehr Probleme verursacht als zu lösen. Die europäischen Regierungen sollten sich an diese neue Realität anpassen und sich einer sicheren und gesunden Drogenpolitik verschreiben, wie es das Europäische Parlament vor zehn Jahren empfohlen hat“.
Tatsächlich hat sich in vielen europäischen Ländern als Ergebnis der Krise die Situation für Drogenkonsumenten und Risikominderungsangebote verschlechtert im Vergleich zu vor zehn Jahren. In südlichen und östlichen Ländern Europas kann man die Lage mit den 1980ern vergleichen.
Encod sieht auch die neuesten repressiven Einsätze gegen Unternehmen und Organisationen in Spanien, Tschechien und den Niederlanden mit Sorge:
Spanien
Pannagh, einer der ältesten Cannabis Social Clubs Spaniens wird zwei Jahre nach der Schließung des 2003 gegründeten, gemeinnützigen Vereins angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert bis zu sechs Jahre Haft für die Clubvorsitzenden. Es ist nicht nur ironisch, sondern auch tragisch, dass drei Mitgliedern die Beteilung an einer kriminellen Organisation vorgeworfen wird, wenn Pannagh doch genau das Gegenteil ist: ein legal registrierter Verein, dessen Aktivitäten sich ohne jede Verheimlichung entwickelt haben. Encod unterstützt das Modell Cannabis Social Club als sichere, transparente und gesundheitlich unbedenkliche Alternative zum Schwarzmarkt.
Tschechische Republik:
Im November wurden in der Tschechischen Republik fünfzig Growshops von der Polizei durchsucht. Diese Läden verkaufen nur legale Produkte wie Pflanzsubstrat und Gartenbedarf. Die Durchsuchungsaktion erfolgte nach einer umstrittenen Klage gegen zwei Besitzer des Growshops Hydroponics im Jahr 2011. Ihnen wird Beteiligung an Cannabisanbau im großen Stil vorgeworfen, sie haben über zwei Jahre im Gefängnis verbracht und wurden zuletzt zu sechs und sieben Jahren Haft verurteilt. Encod missbilligt die Kriminalisierung und Strafverfolgung von Menschen, die legal Produkte an Menschen verkaufen, die im Eigenanbau daheim eine Alternative zum illegalen Markt sehen. Die Geschäftsinhaber dafür zur Verantwortung zu ziehen, was ihre Kunden machen, ist ungerecht und nicht hinnehmbar.
Niederlande:
Der niederländische Justizminister Opstelten scheint seinen ganz persönlichen Krieg gegen Cannabis zu führen, und das in einem Land, das den Eigengebrauch, Besitz und Verkauf kleiner Mengen Cannabis 1976 entkriminalisiert hat. Kurswechsel in der Politik wie der „Wietpass“, der Touristen den Weg in den Coffeeshop versperrt, und eine THC-Höchstgrenze für das in Coffeeshops verkaufte Cannabis dienen nur dem Schwarzmarkt und gehen das eigentliche Problem nicht an: das gänzliche Verbot des Anbaus von Cannabis. Encod unterstützt den drängenden Aufruf lokaler und nationaler niederländischer Politiker, dieses Problem dadurch zu lösen, dass die Cannabisherstellung für Coffeeshops und den Eigenbedarf von Erwachsenen offiziell geregelt wird.
Die letzten Rückschläge in Tschechien, Spanien und den Niederlanden könnten ein letztes Aufbäumen der Cannabisprohibition sein. Es scheint, als würden die Prohibitionisten auf ihrem Rückzug noch den Hafen verminen und den europäischen Bürgerinnen und Bürgern dadurch unnötigen und nicht hinnehmbaren Schaden zufügen. Encod ruft die Europäische Union dazu auf, sich an Uruguay und den US-Staaten Colorado und Washington ein Beispiel zu nehmen und eine wirksame Drogenpolitik zu entwickeln, die Cannabis reguliert statt es einfach nur zu verbieten.