Quelle: Tagesanzeiger
Von Jürg Rohrer.
17.06.2010 43
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Ein Postulat der Grünen aus dem Jahr 2006, das erst gestern Abend zur Beratung kam, verlangt einen wissenschaftlich begleiteten Versuch: Cannabis soll kontrolliert zum Verkauf kommen, und wer welches auf sich trägt oder konsumiert, soll von der Polizei nicht verzeigt werden. Gleichzeitig soll die Stadt die Prävention und Aufklärung über Suchtmittel ausbauen.
Matthias Probst (Grüne) sagte am Mittwochabend, Cannabis sei eine Volksdroge, und das Cannabisverbot habe versagt. Es sei an der Zeit, das Problem einmal anders anzugehen und Fakten zu liefern mittels wissenschaftlichen Erhebungen. «Wir wollen kein Kiffer-Eldorado in Zürich, sondern Erkenntnisse.» Senioren in Altersheimen sollten durchaus auch in den Versuch einbezogen werden. Das solle übrigens auch ein politisches Signal nach Bern sein und dort zur Versachlichung der Debatte beitragen.
Bürgerliche dagegen
Der eidgenössische Souverän habe diese Legalisierung klar abgelehnt, entgegnete Mauro Tuena (SVP), es gehe nicht an, dass dann wieder einzelne Kommunen aktiv würden. Der kriminelle Handel werde nicht verschwinden, da sich die Jugendlichen nicht registrieren lassen wollen. Auch verstehen es die Jungen nicht, wenn der Staat das Rauchen verbietet, aber das Haschrauchen erlaubt. Mehrfach betonten die SVP-Vertreter, dass es den Postulanten letztlich nicht um einen Versuch gehe, sondern um die Legalisierung.
Der Stadtzürcher Souverän habe die Hanfinitiative mit 54 Prozent angenommen, erinnerten die Grünliberalen, die einstimmig für das Postulat waren. Deshalb stehe es der Stadt gut an, eine Vorreiterrolle zu spielen, allerdings erst für Jugendliche ab 18 Jahren. Die SP war ebenfalls für das Postulat, obwohl sie rechtliche und praktische Vorbehalte äusserte. Aber versucht sollte es zumindest werden.
«Kühlen Kopf» bewahren
Die FDP lehnte ab, weil es nicht Aufgabe des Staats sei, Drogen zu verkaufen. Dafür fehle die Rechtsgrundlage. Es gebe ja auch keine staatliche Alkoholabgabe. Auch verstand sie nicht, was das mit Prävention zu haben solle. Der wissenschaftliche Versuch sei ohnehin nur ein Vorwand, und das Postulat im Grunde lächerlich. Die CVP räumte ein, dass die Situation heute nicht gut sei, aber ein solcher medizinisch unqualifizierter Versuch bringe nichts.
Stadträtin Claudia Nielsen (SP) rief dazu auf, einen kühlen Kopf zu bewahren. Eine Stadt sei mit Cannabis anders konfrontiert als andere Gebiete der Schweiz. Der Stadtrat nehme deshalb das Postulat entgegen. Nach 90-minütiger Debatte überwies der Gemeinderat das Postulat mit 67 zu 49 Stimmen.