Von Michael Kleim, Evangelischer Theologe
10.12.2015
An Vertreter*innen und Unterstützer*innen von Menschenrechtsstrukturen
Sehr geehrte Damen und Herren,
Am 10. Dezember findet weltweit der Tag der Menschenrechte statt. Zu diesem Anlass möchte ich Ihnen, die Sie sich ernsthaft darum bemühen, das Anliegen der Menschenrechte offensiv zu vertreten, einen persönlichen Brief schreiben.
Auch ich setze mich seit längerem für Demokratie und Menschenrechte ein, und dies bereits vor 1989 unter den Bedingungen der Illegalität. So gehörte ich u.a. der „Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte in der DDR“ an, die im Dezember 1988 gebildet wurde.
Dieser Anspruch hat mich bis heute bewegt, politisch aktiv zu bleiben. Ein wesentliches Thema der aktuellen Menschenrechtsdiskussion stellt die Drogenpolitik dar. Für mich bewegt sich Drogenpolitik im Kern unseres demokratischen Selbstverständnisses. Es geht um Grundfragen und um Grundwerte. Es geht darum, in welcher Weise wir mit einem gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Konfliktbereich umgehen. Deshalb bin ich als Mitglied in dem drogenpolitischen Zusammenschluss „Schildower Kreis“ aktiv.
Mit einer Drogenpolitik, die auf ideologischen Vorurteilen, auf Repression und Strafverfolgung beruht, mit solch einer Politik sägen wir am demokratischen Ast, auf dem wir sitzen. Global dient der Drogenkrieg dazu, systematisch Menschenrechtsverletzungen zu legitimieren.
Durch die repressive Drogenpolitik werden Menschenwürde und Menschenrechte im großen Stil bedroht.
Elementare Fortschritte in der Menschenrechtsfrage werden wir – national und erst recht global – nur erreichen, wenn wir die Prohibition als Quelle von Grundrechtsverletzungen erkennen und entsprechend darauf reagieren.
Wenn Menschen allein aus dem einen Grund, weil sie sich für eine bestimmte psychoaktive Substanz entschieden haben, ausgegrenzt und kriminalisiert werden; wenn Menschen allein aus dem einen Grund., weil Drogengebrauch zu ihrer Lebenskultur dazugehört, künstlich erzeugten Gesundheitsrisiken ausgesetzt oder gar in den Tod getrieben werden, dann haben wir es mit einer Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu tun. Solidarität mit gewaltfreien Drogengefangenen gehört damit künftig in den Kanon von Menschenrechtsarbeit mit hinein.
Ich bitte Sie, persönlich und in Ihren Strukturen, sich diesen Fragen zu stellen. Menschenrechte sind unteilbar. Diesen Anspruch dürfen wir nicht aufgeben. Menschenrechte gehören auch in die Drogenpolitik.
Hochachtungsvoll
Michael Kleim