In der letzten Zeit häufen sich wieder die Berichte in den Medien, wonach der Konsum von Cannabis weitaus gefährlicher sein soll, als allgemein angenommen. Es wird auf stark gestiegene Wirkstoffkonzentrationen verwiesen, die Cannabis zu einer gefährlichen und Suchterregenden Droge machen würden. Auch in Gerichtssälen spiegelt sich diese Haltung wider, insbesondere bei den Plädoyers so mancher Staatsanwälte. Dabei liegen bereits viele wissenschaftliche Studien vor, die sich intensiv mit der Gefährlichkeit von Cannabis beschäftigt haben. Nicole Krumdiek hat sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit die Mühe gemacht, die zahlreichen Studien zu sammeln, zu analysieren und zu vergleichen, und ist dabei auf interessante Ergebnisse gestoßen…
Dr. Nicole Krumdiek,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bremen und Mitglied des
Bremischen Instituts für Kriminalpolitik (BRIK)
Wie gefährlich ist Cannabis?
Eine wissenschaftliche Analyse aus aktuellen Studien zu Cannabis sativa L.
In der letzten Zeit häufen sich wieder die Berichte in den Medien, wonach der Konsum von Cannabis weitaus gefährlicher sein soll, als allgemein angenommen. Es wird auf stark gestiegene Wirkstoffkonzentrationen verwiesen, die Cannabis zu einer gefährlichen und Suchterregenden Droge machen würden. Auch in Gerichtssälen spiegelt sich diese Haltung wider, insbesondere bei den Plädoyers so mancher Staatsanwälte.
Dabei liegen bereits viele wissenschaftliche Studien vor, die sich intensiv mit der Gefährlichkeit von Cannabis beschäftigt haben.
Nicole Krumdiek hat sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit die Mühe gemacht, die zahlreichen Studien zu sammeln, zu analysieren und zu vergleichen, und ist dabei auf interessante Ergebnisse gestoßen …
Der Original-Artikel von Frau Dr. Krumdiek mit allen Fußnoten:
Cannabis sativa L. und das Aufleben alter Vorurteile
Immer wieder hört man in jüngster Vergangenheit in den Gerichtssälen Ausführungen wie: „…von Ungefährlichkeit kann keine Rede sein…“; „…hieraus folgen schwerwiegende Psychosen der Konsumenten…“; „…hinsichtlich des hohen und stetig steigenden Wirkstoffgehaltes ist nicht mehr von einer weichen Droge zu sprechen…“.
Diese Worte stammen so oder so ähnlich allesamt aus dem Inhalt kürzlich gehaltener staatsanwaltlicher Plädoyers in BtM- Verfahren. Die Rede ist von der Substanz Cannabis sativa L. [[Im Weiteren wird allgemein von Cannabis gesprochen, was sich sowohl auf die Pflanzenteile (Marihuana) als auch auf das Cannabisharz (Haschisch) bezieht. Sofern Unterscheidungen zwischen den Erscheinungsformen gemacht werden, wird dies gesondert erwähnt. Cannabisöl wird dabei wegen der geringen praktischen Relevanz vernachlässigt, siehe: BKA, „Daten zur Rauschgiftkriminalität 2005 in Deutschland – Zusammenfassung“, S. 4.]]
Dies ist hinsichtlich jüngst veröffentlichter Artikel[[Vgl.: Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259ff.; Patzak/Goldhausen, in: NStZ 2007, 195ff..]] in Fachzeitschriften zum Thema Cannabis dann auch nicht weiterhin verwunderlich. Denn auch hier wird von „schwerstabhängigen Cannabiskonsumenten“, „hochprozentigen Cannabisblüten- proben“, „der Möglichkeit an einer nicht toxischen Schizophrenie, Depressionen oder Angststörungen zu erkranken“, „einer Rückkehr von THC aus dem Fettgewebe in den Kreislauf“, „Entzugssymptomen“, „neurokognitive Beeinträchtigungen“, „psychische und psychosoziale Beeinträchtigungen“ sowie „körperlichen Beeinträchtigungen“ und damit von Horrorszenarien als typische Folge des Cannabiskonsums berichtet. Geschlussfolgert wird dann in der Regel mit Ausführungen wie: „…vor einer immer wieder diskutierten Legalisierung des Cannabis kann daher nur gewarnt werden“[[Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259 (266).]] oder „Zugleich gibt die stetige Steigerung der Qualität von Haschisch und Marihuana Anlass, auf die bedenkliche Einstellungspraxis mancher Bundesländer beim Umgang mit geringen Cannabismengen zum Eigenkonsum gem. § 31 a BtMG hinzuweisen…“[[Patzak/Goldhausen, in: NStZ 2007, 195 (195).]].
Unterstützt wird diese Darstellung von vermeintlich seriöser Berichterstattung auf öffentlich-rechtlichen Sendern[[Als Beispiel sei hier auf die ZDF-Sendung „Frontal21“ vom 28.11.2006 genannt. Diese kann unter http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/1/0,1872,4081953,00.html angesehen werden.]], die, das soll an dieser Stelle nicht abgestritten werden, zwar medienwirksam, im Rahmen des allgemeinen Aufklärungsbedürfnisses[[So auch: Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259 (266).]], allerdings wenig hilfreich ist.
Dem „Nachwuchs“ innerhalb der Staatsanwaltschaften ist demnach schwerlich ein Vorwurf zu machen. Denn nicht eine mangelnde Informationsbeschaffung scheint hier das Problem zu sein, sondern vielmehr die schlichte Fehlinformation.
Solange allerdings ein verständiger Richter mit der Verantwortung der Verhandlungsleitung befasst ist, mögen sich diese Fehlinformationen nicht auf das Strafmaß auswirken. Anders sieht dies aber schon dann aus, wenn Schöffen an der Verhandlung beteiligt sind, die gerade nicht mit dem gleichen Erfahrungssatz und Kenntnisstand des Richters aufwarten können und somit die Aussagen der Staatsanwälte häufig als gegeben unterstellen. Gegenteilige Ausführungen der Verteidigung werden lediglich als „Strategie“ zur Erreichung eines geringeren Strafmaßes begriffen, ohne auch nur die eventuelle Richtigkeit in Betracht zu ziehen.
Jedoch ist auch den Schöffen insoweit kein Vorwurf zu machen, als auch Sie die Realität verzerrenden Berichte aus den allgemeinen Medien[[So z.B.: Die ZDF-Sendung „Frontal21“ vom 28.11.2006, einzusehen unter:(http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/1/0,1872,4081953,00.html); sowie: Der Spiegel, „Ein Joint für die große Pause“, Nr. 27 v. 28.6.2004, 70-84; Kölner Stadt Anzeiger, „Gefährlicher Irrtum: Kiffen ist alles andere als harmlos“, v. 8.5.2006; dieser Artikel ist ebenfalls erscheinen: im Mindener Tageblatt (04.05.2006); in der Waltroper Zeitung (04.05.2006) sowie in der Recklinghauser Zeitung (04.05.2006).]] als Kenntnisquelle zugrundelegen.
Dieser Beitrag soll deshalb den Versuch darstellen, der fortschreitenden und instrumentalisierenden Streuung von einseitiger und dementsprechend irreführender Informationsverbreitung entgegenzuwirken.
Hierfür soll im Folgenden ein Überblick über den nationalen und internationalen Forschungsstand hinsichtlich der physischen, psychischen und sozialen Auswirkungen eines Cannabiskonsums gegeben werden. Um einen Einblick in die Einheitlichkeit und vor allem Vielzähligkeit der Studien zu vermitteln, werden in den Fußnoten entsprechend ausführlich die Quellen angegeben, wobei aber auch diese nur stellvertretend für unzählige weitere vergleichbare Forschungsergebnisse stehen.[[Gibt man das Suchwort „Cannabis“ beispielsweise in die allgemeine Internetsuchmaschine „Google“ (URL.: www.google.de) ein, so entspricht das Suchergebnis rund 15,600,000 Einträgen, von denen zwar viele die nötige Seriosität missen lassen, aber ein großer Teil aber auch fundierte Fachliteratur darstellt. ]]
Insbesondere soll dabei auch das in letzter Zeit vielangeführte Argument der vermeintlich steigenden Wirkstoff- und damit THC-Gehalte in Cannabisprodukten und die hiermit in Verbindung gebrachte erhöhte Gefährlichkeit richtig gestellt werden.
I. Gefährdungspotential des Cannabiskonsums
Nach dem neuesten Stand der Wissenschaft[[Vgl. ausführlich zur Übersicht: Krumdiek, „Die national- und internationalrechtliche Grundlage der Cannabisprohibition in Deutschland“, 2006, S. 89-141.]] birgt weder der moderate noch der Dauerkonsum von Cannabisprodukten beträchtliche physische oder psychische Gefahren und Risiken[[So noch das BVerfG 1994 in der sog. Cannabisentscheidung, NJW 1994, 1577 (1581). ]] oder sonstige negativen sozialen Auswirkungen.
Bei der näheren Darstellung ist allerdings zwischen den akuten und chronischen Auswirkungen zu unterscheiden.
1. Akute Auswirkungen des Cannabiskonsums
Als akute Effekte des Cannabiskonsums können grundsätzlich die physischen und psychischen Reaktionen genannt werden, die im Verlaufe eines Cannabisrausches auftreten[[Ausführlich hierzu: Simon/Sonntag, „Cannabisbezogene Störungen: Umfang, Behandlungsbedarf und Behandlungsangebot in Deutschland, 2004, S. 21; Kuntz, „Cannabis ist immer anders“, 2002, S. 74ff.; Hall et al., „ The health and psychological effects of cannabis use“, Commonwelth of Australia 2001, S. 31f.; Seifert, „Pharmakologie der Cannabinoide; Cannabismissbrauch, seine Folgen und die Behandlungs-möglichkeiten, ‚AWMF – Leitlinie: Cannabisbezogene Störungen, 2004, S. 8; Zimmer et al., „Cannabis Mythen – Cannabis Fakten“, 2004, S. 101f.; Peuskens/Vansteelandt, “Psychiatric effects of Cannabis use: A critical analysis of scientific results and research methods”, 2003, S. 1ff.; m. jew. w. N.. ]] und die entsprechend von der Umgebung (setting) und der vorausgehenden emotionalen Stimmung (set) abhängig sind.[[Vannini/Venturini, „Halluzinogene“, 1999, S. 443ff.; Kuntz, aaO. (Fn. 11), 2002, S. 74f.; Hocke/ Schulz, „Cannabiswirkungen“ in: „Cannabis im Straßenverkehr“ (Berghaus/Krüger), 1998, S. 15ff.. ]] Mit Abklingen des Rausches[[Die Länge des Rausches bestimmt sich nach unterschiedlichen Kriterien, wozu unter anderem die Qualität der Cannabiszubereitung, das Erfahrungs- und Gebrauchsmuster des Konsumenten, die verwendete Menge sowie die Art der Aufnahme gehören, vgl.: Krumdiek, aaO. (Fn. 9), 2006, S. 89ff.. ]], klingen in der Regel auch die hierbei auftretenden akuten Empfindungen ab.
Das Eintreten von Angst- und Panikreaktionen (sog. Bad Trips) sind dabei zwar wegen der Intensivierung bestehender Emotionen möglich. Solche und ähnliche Folgen müssen jedoch zu den seltenen und atypischen Rauschverläufen gezählt werden und kommen, wenn überhaupt, fast ausschließlich nur bei unerfahrenen Konsumenten vor und sind in der Regel auf einer akuten Überdosierung innerhalb der oralen Aufnahme beschränkt.[[Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (165); Haller/Dietrich, „Cannabis“, 2004, S. 18ff.; URL.: http://www.vorarlberg.biz/cms/files/userdocs/Cannabis_Consensuspapier_OEGPP_1.pdf ; Täschner, Rechtsmedizin 1997, 171 (173); Zimmer et al., aaO., (Fn. 11), 2004, S. 101; EKDF, „Cannabisbericht“, 1999, S. 26; Kleiber/Kovar, „Auswirkungen des Cannabiskonsums“, 1998, S. 19f., 54ff., 71; Kuntz, aaO., (Fn.12), 2002, S. 79, 82f.; Baker/Pryce/Giovannoni/Thompson, The Lancet, Neurology 2003, 291 (291); Grinspoon/Bakalar, „Marihuana – Die verbotene Medizin“, 1994, S. 245f., S. 166f.; Ashton, British Journal of Psychiatry, 2001, 101 (104); Seifert, aaO. (Fn. 11), 2004, S. 8; Hall et al., aaO. (Fn. 11), 2001, S. 31, 92; Peuskens/ Vansteelandt, aaO. (Fn. 11), 2003, S. 1; Chabrol, Ital J Pediatr 2003, 173 (174); Martin/Hall, “The health effects of Cannabis: key issues of policy relevance Bulletin on Narcotic”, 1999, S. 3, URL.: http://www.unodc.org/unodc/en/bulletin/bulletin_1997-01-01_1_page 005.html?print=yes. ]] Gewöhnlich beruhigen sich solche Personen nach ermutigendem Zureden, so dass eine medizinische Behandlung nicht notwenig wird. Sofern dies in seltenen Fällen nicht der Fall ist, sprechen diese Patienten meist gut auf eine psychotherapeutische Behandlung an, so dass der akute Zustand nach kurzer Zeit behoben werden kann.[[Auszugehen ist hier von einer Zeitspanne von wenigen Stunden bis hin zu ein bis zwei Tagen, vgl. die Forschungsübersichten in: Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 20; Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (166f.); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 55, 71; Hess, „Licht und Schattenseiten von Cannabis aus medizinisch-psychiatrischer Sicht“ in: „Cannabis“ (Neumeyer), 1996, S. 65; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 102; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 22f.. ]]
Wissenschaftlich evidente Beweise, dass ein akuter Cannabisrausch auch eine chronische organische Psychose auslösen kann, liegen nicht vor.[[So auch: Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 20. ]]
Darüber hinausgehend lässt sich zu den akuten Wirkungen zusammengefasst sagen, dass eine tödliche Dosis Cannabis bisher nicht bekannt ist[[Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 21; Simon/Sonntag,, aaO. (Fn. 11), S. 21; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 145; Grotenhermen/Karus, in: „Marihuana – Die verbotene Medizin“ (Grinspoon/Bakalar), 1994, S. 245f.; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 32; Hall/Solowijj, The Lancet 1998, 1611 (1612). ]], so dass in Anbetracht einer 4000 Jahre alten Cannabishistorie zum Teil vertreten wird, dass eine Solche gar nicht existiere.[[Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 15. ]]
Weiterhin ist hier anzuführen, dass ein akuter Cannabisrausch die Aggressivität vermindert, was unter anderem mit der Senkung des Testosteronspiegels in Verbindung gebracht wurde, welcher sich binnen 24 Stunden jedoch wieder reguliert.[[Pommer, DÄBl, A-1908 (1908); Health Committee, “Inquiry into the public health strategies related to Cannabis use and the most appropriate legal status”, Report of the Health Committee Forty – seventh Parliament, Neu Seeland 2003, S. 19.; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 106; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14) S. 64ff., 75f.. ]] Aussagekräftiges Beispiel hierfür war wohl die Fußball- EM 2000 in den Niederlanden/Belgien, bei welcher die Polizei deutlich weniger Ausschreitungen vermerkte, als bei vergleichbaren Veranstaltungen zuvor.
Jedoch ist davon auszugehen, dass während der akuten Wirkung die Fahrtüchtigkeit herabgesetzt wird. Einzelheiten sind hierbei zwar noch unklar, feststeht aber bereits jetzt, dass von cannabisberauschten Fahrern im Straßenverkehr signifikant weniger Gefahren ausgehen, als von alkoholisierten Fahrern.[[DBDD, Reitox-Bericht, 2006, S. 115f.; Laumon et al., BMJ 2005, 331:1371; Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 15; Movig et al., Accident Analysis and Prevention 2004, 631ff.; Grotenhermen, „Die Verursachung von Verkehrsunfällen durch Cannabiskonsum“, in: „Cannabis und Straßenverkehr-Analysen und Konzepte“,(BAG Drogenpolitik der Linkspartei), URL.: http://sozialisten.de/partei/strukturen/agigs/bag_drogenpolitik/dokumente/pdf/cannabis_strassenverkehr.pdf; Ramaekers et al., Drug and Alc Dependence 2004, 109 (117). ]] Als Begründung hierfür kann unter anderem angeführt werden, dass der Konsum von Alkohol eher zu einer Überschätzung, der Gebrauch von Cannabis grundsätzlich zu einer Unterschätzung[[Gesher, „Cannabis and road safety: an outline of the research studies to examine the effects of cannabis on driving skils and on actual driving performance”, URL: http://www.ukcia.org/research/driving2.htm#evidence ]] der eigenen Leistungsfähigkeit führt. So ergaben Studien hierzu, dass Cannabiskonsumenten ihre Fahrtüchtigkeit nach einem Cannabiskonsum häufig als noch nicht wiederhergestellt einschätzten, obwohl die entsprechenden Tests eine solche Beeinträchtigung gerade nicht mehr verzeichnen konnten.[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 221; Krüger/Löbmann, „Auswirkungen des Beigebrauchs von Alkohol zu Cannabis“ in: „Cannabis im Straßenverkehr“, (Berghaus/Krüger), 1998, S. 64f., m. j. w. N.. ]] Dennoch ist natürlich zu vermeiden, dass Konsumenten unter akutem Cannabiseinfluss Fahrzeuge jeglicher Art führen. Das gilt neben Cannabis aber wohl auch für alle legalen bzw. illegalen berauschenden Substanzen.
Darüber hinausgehend wird während eines akuten Cannabisrausches die Pulsfrequenz erhöht, wodurch es für Herz-Kreislaufpatienten zu entsprechenden Problemen kommen kann.[[Petersen/Thomasius, „Auswirkungen von Cannabiskonsum und- missbrauch“, 2007, S. 28ff.; Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 21; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 60; House of Common Library, “Cannabis”, UK Library Research Paper 00/74, London, 2000, S. 25. ]] Jedoch ist der Konsum von Cannabis nicht mit der Entwicklung von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall assoziiert.[[Rodondi et al., American Journal of Cardiology, 2006, 478 (484).]]
Obwohl die akute Wirkung des wie auch immer gearteten Cannabiskonsums folglich sowohl kalkulierbare als auch hinnehmbare Risiken birgt, ist Herz-Kreislauf-Patienten sowie aktiven Verkehrsteilnehmern von einem Gebrauch abzuraten, was aber nicht nur für Cannabis, sondern jegliche Droge – insbesondere den sog. „Alltagsdrogen“ Nikotin und Alkohol- gilt.
2. Chronische[[Unter chronischem Konsum wird im Weiteren der tägliche Konsum sowie der mehrmalige wöchentliche Konsum verstanden. ]] Auswirkungen des Cannabiskonsums
Im Gegensatz zur akuten Wirkung spricht man von chronischen Effekten, wenn nach Gebrauch einer Substanz auch dann Veränderungen im Körper verbleiben, wenn die psychotrop wirkende Substanz nicht mehr im Organismus vorhanden ist.[[Wheelock, „Pysiological and psychocological effects of Cannabis: Review of the research findings, Mai 2002, URL.: http://www.parl.gc.ca/37/1/parlbus/commbus/senate/com-e/ille-e/library-e/Wheelock-e.pdf. ]] Hierbei können signifikante Veränderungen mitunter auch erst nach Jahren regelmäßigen Gebrauchs auftreten. Die Untersuchungen hinsichtlich dieser Auswirkungen gestalten sich als schwierig, da in einem solch langen Zeitraum viele verschiedene Einflüsse auf die Probanden einwirken, die das Ergebnis in die eine oder andere Richtung beeinflussen können.[[Hierzu: Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 25; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 3; Hai, “Das definitive deutsche Hanfhandbuch”, 1986, S. 56; WHO, „Cannabis: A health perspective and research agenda”, 1997, S. 3; URL: http://www.drugpolicy.org/docuploads/WHO_Report_Cannabis.pdf; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 3. ]] Trotz dieser Bedenken soll im Folgenden dargestellt werden, wie sich der wissenschaftliche Forschungsstand diesbezüglich darstellt. Zu differenzieren ist hierbei zwischen physischen, psychischen und sozialen Folgen. Die Frage nach einer potentiellen körperlichen oder seelischen Abhängigkeit und der aktuelle Kenntnisstand hinsichtlich der durchschnittlichen Wirkstoffgehalte sowie die jeweiligen möglichen Konsequenzen wird dabei gesondert erörtert.
a. Physische Langzeiteffekte
In chronischer Hinsicht sind als nennenswerte potentielle körperliche Auswirkungen „ausschließlich“ Beeinträchtigungen des Lungen-Bronchialsystems anzuführen, die mit den Schädigungen beim Tabakrauchen vergleichbar sind.[[Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. 28ff.; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 61ff., Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 26; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 19, 25f.; Health Committee, aaO. (Fn. 19), S. 20f.; Taylor/Hall, Intern Medicine Journal 2003, 310 (310ff.); Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 21; m. jew. w. N..]]
Hierzu zählen chronische und akute Bronchitis, Heiserkeit, Entzündungen und Veränderungen von Nasen-, Rachen- und anderen Schleimhäuten, Verengungen, Störungen und unspezifische Hyperaktivitäten der Atemwege, Abnormalitäten in der Bronchialwand sowie Lungenkrebs.[[Vgl.: Seifert, aaO. (Fn. 11),S. 15; Ashton, British Journal of Psychiatry 2001, 101 (105); Taylor/Hall, Internal Medicine Journal 2003, 310 (311); Hall/Solojew, in: The Lancet 1998, 1611 (1612); Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 80; Whelock, aaO. (Fn. 26); S. 18; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 56ff.; Henry, BMJ 2003, 942 (942f.); Russo et al., Journal of Cannabis Therapeutics 2002, 3 (42f.); Bergeret et al., “Cannabis Report 2002”, Brüssel 2002, S. 57; Rickard, “Reforming the Old and Refining the New: A critical Overview of Australiens Approches to Cannabis”, 2001, S. 10, URL.: http://www.aph.gov.au/library/pubs/rp/2001-02/02RP06.pdf ]] Grund hierfür ist in erster Linie die Tatsache, dass Cannabis häufig in Verbindung mit Tabakprodukten konsumiert wird.[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 57, 63; Henry, BMJ 2003, 942 (942). ]]
Mangels wissenschaftlicher Studien ist bisher allerdings noch nicht nachgewiesen, welche Kurz- bzw. Langzeitbeeinträchtigungen der chronische Konsum von reinem[[Gemeint ist: Ohne die Beimengung von Tabak.]] Cannabis für das Lungen-Bronchial-System nach sich zieht.
Trotz diverser Studien, die keine Verbindung zwischen der Entstehung von Krebs und dem Rauchen von Cannabis nachweisen konnten,[[So beispielsweise: Hashibe et al., Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2006, 1829 (1834); Tashkin, Monaldi Arch Chest, 2005, 93ff.; vgl. hierzu auch die Übersicht in: Armentano, „Cannabissmoke and Cancer – Assessing the Risk“, (NORML), 2006, URL.: http://www.norml.org/pdf_files/NORML_Cannabis_Smoke_Cancer.pdf; sowie: Melamede, Harm Reduction Journal 2005, 2:21; URL: http://www.ukcia.org/research /NotEquallyCarcinogenic.pdf. ]] ist hier grundsätzlich von ähnlichen potentiellen Beeinträchtigungen auszugehen, wie beim Tabak- bzw. Tabak-Cannabisgebrauch. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass der Rauch von verbranntem Cannabis, der Zusammensetzung des Tabakrauches sehr ähnelt, was insbesondere für die Konzentration an Kohlenmonoxid, Teer und Nietrosamine gilt.[[Melamede, Harm Reduction Journal 2005, 2:21; Asthon, British Journal of Psychiatry 2001, 101 (105); Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 16; Taylor/Hall, Intern Medicine Journal 2003, 310 (310ff.); Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 129; Johnson et al., Thorax 2000, 340 (342); Peterson, „CANNABIS: information relating to the debate on law reform, Parliamentary Library, New Zealand 2000, S. 7; ähnlich bereits: WHO, aaO. (Fn. 27), S. 19; Roth et al., Am J Respir Crit Care Med 1998, 928 (935); Berghaus/Krüger, “Cannabis im Straßenverkehr”, Ulm 1998, S. 44. ]]
Bezüglich der Höhe an Benzopyren existieren hingegen noch keine aussagekräftigen Studien.[[Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 130; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 61; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 24; Bergeret et al., aaO. (Fn. 29), S. 57; United Kingdom Parliament House of Lords, „Cannabis: the Scientific and Medical Evidence“, 1998, Absatz 4.17, URL: http://www.publications. Parliament.uk/pa/ld199798/ldselect/ldsctech/ 151/15101.htm ]] Zu widersprechen ist hier somit der zum Teil verbreiteten These[[Vgl.: Kölner Stadt Anzeiger, „Gefährlicher Irrtum: Kiffen ist alles andere als harmlos“, v. 8.5.2006. ]], wonach der Rauch von Cannabis mehr Teer und andere Krebserregende Stoffe enthalte wie Tabakrauch und damit schädlicher sei.
Dabei bleibt zu erwähnen, dass das Rauchen von Pflanzenmaterial -gleich welcher Art- grundsätzlich mit dem Risiko verbunden ist , Schädigungen der Lunge hervorzurufen.[[Cohen/Sas, „Cannabisbeleid in Diutsland, Frankrijk en de Verenigde Staten“, Amsterdam 1996, S. 200; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 26; Grotenhermen/Karus, aaO. (Fn. 18), S. 231; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 75. ]]
Um so mehr muss daraufhingewiesen werden, dass der Inhaltsstoff THC selbst, weder krebserregende noch sonstige funktionelle Auswirkungen auf die peripheren Luftwege bzw. Lungenbläschen hat.[[Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. VII; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 130; Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 15), S. 11; Bergeret et al., aaO. (Fn. 29), S. 57; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 26; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 15), S. 57.]] Die Diskussion um vermeidlich steigende THC-Wirkstoffgehalte geht an dieser Stelle folglich ins Leere.
Das voran Gesagte gilt darüber hinausgehend auch nur insofern, als Cannabis in Form von Joints bzw. Pur geraucht wird. Neue Techniken, wie z.B. die Verdampfungsmethode mittels sog. Vaporizers[[Siehe zur Gebrauchsdarstellung die Informationsseite eines Anbieters: URL.: http://www.storz- bickel.com/pics/down/stobi-flyer-de-low-res.pdf ]], können sowohl die Bildung von Teer, als auch die Entstehung von Kohlenmonoxyd auf ein Minimum reduzieren,[[Melamede, Harm Reduction Journal 2005, 2:21; Gieringer et al., Journal of Cannabis Therapeutics, 2004, 7ff.; vgl. auch die Studien von maps/NORLM unter: URL.: http://www.maps.org/mmj/vaporizerstudy 4.15.03.pdf; URL.: http://www.maps.org/news-letters/v13n1/13111gie.pdf; jeweils aus dem Jahr 2003. ]] wodurch Lungen- und Bronchialschäden stark reduziert werden können. Und durch die orale Cannabisaufnahme[[Hierzu: Clarke, aaO. (Fn. 1), S. 258f.; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 8; Behr, “Von Hanf ist die Rede”, Frankfurt am Main, 2000, S. 76; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 4ff.. ]] wird dieses Risikopotential logischerweise sogar auf null Prozent reduziert.
Weitere darüber hinausgehende und immer wieder fälschlicherweise angeführten Auswirkungen eines dauerhaften und regelmäßigen Konsums wie etwa auf das Immunsystem[[Vgl.: Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 26; Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 11; Zimmer et al., aaO., (Fn.12), S. 124f.; Russo et al, Journal of Cannabis Therapeutics, 2002, 3 (44f.); Hall/Solowijj, The Lancet 1998, 1611 (1612); Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 39f.; Grotenhermen/Karus, aaO. (Fn. 18), S. 237ff.; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 44ff.; Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. 29, 40ff., m. jew. w. N.. ]], die Entstehung von Allergien [[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 60f., m.w.N.. ]], die Sehorgane[[Grotenhermen/Karus, aaO. (Fn. 18), S. 235; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 58., Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 27. Zu der medizinischen Verwendungsmöglichkeit von Cannabis in diesem Bereich vgl.; Krumdiek, aaO. (Fn. 9), S. 141ff.. ]], Hormone[[Dies gilt insbesondere für den kurzfristigen Gebrauch, vgl.: Wheelock, aaO. (Fn. 26), S.31f.; Russo et al, Journal of Cannabis Therapeutics, 2002, 3 (46f.); Bergeret et al., aaO. (Fn. 29), S. 57. Aber selbst in Tier versuchen festgestellte potentielle veränderungen in der Spermatogenese des Männchens und des Menstruations-zyklusses der Weibchens wirken sich nicht nachteilig auf die Fruchtbarkeit aus und sind reversibel, vgl.: Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 9, Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 81; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 31f., 36; Zimmer et al., aaO., (Fn. 11), S. 110f.; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 67; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 178; Krausz /Meyer-Thomson, „Cannabis – Wirkmechanismen und Risikopotentiale“, in: „Cannabis im Straßen-verkehr“ (Berghaus/Krüger), 1998, S. 44; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 15. ]], Schwangerschaft, Embryos und Neugeborene [[Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. 29, 44ff.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 15; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 26; Zimmer et al., aaO., (Fn. 12 ), S. 115ff.; Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 10; Hall/Solowijj, The Lancet 1998, 1611 (1613); Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 53ff.. ]], die Anatomie des Gehirns[[Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. 100ff.; Zimmer et al., aaO., (Fn. 11), S. 78; Health Committee, aaO. (Fn. 19), S. 17; dies gilt dabei auch für das Gehirn von Heranwachsenden, vgl.: Delisi et al., Harm Reduction Journal 2006 (3:17), S. 1-6. ]] sowie Flashbacks[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 73f.; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 171; WHO, aaO. (Fn. 27); S. 19; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 11. ]] das Auftreten von konnten trotz unzähliger nationaler und Internationaler Studien bis heute nicht nachgewiesen bzw. nicht dem Konsum von Cannabis zugeschrieben werden.[[Vgl. ausführlich zum Forschungsstand insgesamt: Krumdiek, aaO., (Fn. 9), S. 112ff.. ]]
Zum Teil besteht jedoch bezüglich Einzelfragen noch Forschungsbedarf.[[Vgl. im Einzelnen: Krumdiek, aaO., (Fn. 9), S. 112ff., mit weiteren Nachweisen. ]] So ist z.B. unklar, wie sich cannabisbedingte Hormonschwankungen innerhalb der Pubertät auswirken.[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 67; Zimmer et al., aaO., (Fn. 11), S. 110f.; Grotenhermen/Karus, aaO. (Fn. 18), S. 229. ]] Mangels eindeutiger wissenschaftlicher Erkenntnisse können diesbezüglich keine expliziten Angaben gemacht werden. Jedoch wird hier die Ansicht vertreten, dass Jugendliche und Heranwachsende grundsätzlich über den Gebrauch jeglicher Droge aufgeklärt bzw. davon ferngehalten werden sollten. Gleiches gilt selbstverständlich für Schwangere.
Insgesamt muss hier aber folgendes deutlich gemacht werden: Auch wenn die Forschung noch nicht abgeschlossen ist, so handelt es sich bei Cannabis um die besterforschte Substanz weltweit, die eine ca. 100 jährige Forschungsvergangenheit [[Zu den ersten Forschungsergebnissen: Der Bericht der englischen Indien Hemp Drug Comission (1893) sowie der amerikanische La Guardia Report (1944). Diese wurden im folgenden durch den englischen Wootton Report (1968), dem kanadischen Le Drain Report (1944) und dem amerikanischen Shafer Report (1972) bestätigt. Dabei kamen bereits diese ersten frühen Untersuchungen allesamt zu dem übereinstimmenden Ergebnis, dass es sich bei Cannabis um eine relativ ungefährliche Substanz handelt. Vgl. hierzu: Krumdiek, aaO. (Fn. 9), S. 66f. mit den jeweiligen Literaturnachweisen. ]] aufweist. Aus diesem Grund und hinsichtlich der Tatsache, dass im Jahre 2004 allein in Europa zwischen 0,5 % und 2,3 % der Gesamtbevölkerung und damit im Schnitt 250.000 Menschen einen täglichen Konsum pflegten[[EMCDDA, „Cannabis in der Allgemeinbevölkerung: vom experimentellen zum täglichen Konsum“ , in: Jahresbericht 2004, URL: http://ar2004.emcdda.europa.eu/de/page114-de.html. ]], stellt sich die Frage, wie ernsthafte Schäden bisher hätten verborgen bleiben können. Vielmehr hätten die unzähligen nationalen und internationalen Untersuchungen potentielle gravierende körperliche Beeinträchtigungen entdecken müssen, sofern solche existieren.
Im Ergebnis ist deshalb davon auszugehen, dass der bisherige wissenschaftliche Kenntnisstand über die physischen Langzeiteffekte als gesichert angesehen werden muss. Danach sind die körperlichen Auswirkungen chronischer Art mit denen des Tabakkrauchens vergleichbar. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass in einigen Bereichen weiterhin Forschungsbedarf besteht. Sofern diesbezüglich immer noch von Folgen wie z.B. der organischen Schädigungen des Gehirns, der Abgabe von THC in den Organismus auch zwei Wochen nach Einnahme[[So führen Patzak/Marcus/Goldhausen bei Behauptung dieser These gerade keine Quelle an, vgl.: NStZ 2006, 259 (263). Vgl. zum Abbau bzw. Umwandlung von THC-Molekülen im Körper: Krumdiek, aaO., (Fn. 9), S. 117f. mit den entsprechenden Nachweisen ]] sowie dem Auftreten von Echoräuschen gesprochen wird, beruht dies auf einzelnen und insgesamt nicht bestätigten bzw. fragwürdigen[[So ist zu betonen, dass allein die selektive Auswahl an Literatur für die Meinungsbildung ausschlaggebend sein kann. Nicht immer beruht das Ergebnis einer Untersuchung auf einem Forschungsinteresse, zum Teil steht vielmehr die Einstellung des Auftraggebers im Vordergrund. Siehe hierzu: Hess, aaO. (Fn. 15), S. 56f.; Behr, aaO. (Fn. 40), S. 226f., 272ff.; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 11), S. 53f.; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 2f.; Schwenk, Journal of Drug Issues 1998, 941 (942). Sehr exemplarisch hinsichtlich einer subjektiven Negativ- bewertung: McDonald/Chesher, Drug Alcohol Review 1994, 209 (209ff.). ]] Studien bzw. aus schlichter Unkenntnis des aktuellen Forschungsstandes.
b. Psychische Langzeiteffekte
Bei der Untersuchung von psychischen Reaktionen stellt sich insbesondere die Schwierigkeit, dass diese, im Gegensatz zu den eher feststellbaren körperlichen Effekten, nicht messbar sind. So ist es für die Forschung in diesem Bereich notwendig, sich auf die subjektiven Äußerungen und Beschreibungen der Versuchspersonen zu verlassen, während objektive Beobachtungswerte in Form von Messungen hier kaum möglich sind.[[Vgl. hierzu: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 41; Hai, aaO. (Fn. 27), S. 56. ]] Da jedoch aus den objektiven Beobachtungen auch allgemeinverbindliche Schlussfolgerungen abgeleitet werden können, spielen bei der Beurteilung der psycho-sozialen Wirkungen sowohl die subjektiven, als auch objektiven Komponenten eine entscheidende Rolle.[[Manshouwer, British Journal of Psychiatry 2006, 148 (150); Kleiber/Soellner, „“Cannabiskonsum – Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Risiken“, 1998, S. 80ff.. ]]
aa. Auswirkungen des chronischen Cannabiskonsums auf die allgemeine psychische Gesundheit
An dieser Stelle muss zunächst deutlich betont werden, dass sich die folgende Darstellung lediglich auf psychisch abhängige Konsumenten[[Siehe hierzu unten Abschnitt e.bb..]] bezieht. Nicht abhängige Cannabisgebraucher weisen im Vergleich zu abstinenten Menschen keine nennenswerten Unterschiede in der psychischen Gesundheit auf.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 136ff.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 15; Bovasso, Am J Psychiatry 2001, 2033 (2033); Sussman/Westreich, Primary Psychiatry 2003,73 (76). ]]
Die Tatsache, dass Personen, bei denen eine psychische Cannabisabhängigkeit diagnostiziert wurde, häufig auch an kognitiven, psychotischen, affektiven und unspezifischen Befindlichkeitsstörungen sowie Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen leiden[[Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 6, 13f.; hierzu auch: Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 160; Bovasso, Am J Psychiatry 2001, 2033 (2033ff.); Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 15; Sussman/Westreich, Primary Psychiatry 2003,73 (74); Degenhardt et al., Drug and Alcohol Dependence 2003, 37 (37); Rey/Tennant, BMJ 2002, 1183 (1183); Schulz/Remschmidt DÄBl 1999, A-414 (A-414ff.); McGee et al., Addiction 2000, 491(492ff.). ]], wirft dabei die Frage auf, inwiefern Cannabis hier für die Verursachung der Störungen verantwortlich ist. Zahlreiche Studien,[[Vgl. ausführlich: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 103ff. und die Übersicht auf S. 109ff.; Peuskens/Vansteelandt, aaO. (Fn. 11), S. 3; Rey/Tennant, BMJ 2002, 1183 (1183); Fergusson/Horwood, Addiction 1997, 297 (297f.); McGee et al., Addiction 2000, 491(492). ]] welche die Auswirkungen des Cannabiskonsums auf die allgemeine seelische Verfassung zum Untersuchungsgegenstand hatten, konnten hingegen keine eindeutigen Evidenzen ermitteln, dass der Konsum von Cannabis mit einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit oder des psychischen Wohlbefindens verknüpft ist.[[Peuskens/Vansteelandt, aaO. (Fn. 11), S. 3; Solowij/Grenyer, „Langzeiteffekte auf Psyche und Kognition“ in: „Cannabis, Straßenverkehr und Arbeitswelt“, (Grotenhermen), 2001, S. 328; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 14; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 140f., 161f.; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 11; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 28f.; Rey/Tennant, BMJ 2002, 1183 (1183f.); Fergusson/Horwood, Addiction 1997, 297 (297f.). ]] Dabei wurden unter dem Begriff der psychischen Gesundheit auch Teilaspekte wie psychische Beschwerden, Lebenszufriedenheit, emotionale Probleme, Selbstwertgefühl, Neurotizismus, Psychotizismus, Ängstlichkeit, affektive Störung, Depressionen und Soziopathie, sowie Angst-, Verhaltens-, Aufmerksamkeits- und emotionale Störungen untersucht.[[Vgl. die Übersicht bei: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 103; Bovasso, Am J Psychiatry 2001, 2033 (2033). ]] Auch wenn zum Teil eine Verbindung zwischen der Einnahme von Cannabis und dem Auftreten seelischer Unzufriedenheit[[Zum Auftreten von Depressionen in Verbindung mit Cannabis vgl.: Bovasso, Am J Psychiatry 2001, 2033 (2033ff.); Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 29; Peuskens/Vansteelandt, aaO. (Fn. 14), S. 3; vgl. zur Übersicht: Petersen/Thomasius, aaO (Fn. 23), S. 54. ]] hergestellt wurde, so konnte bisher nicht abschließend ermittelt werden, inwiefern Cannabis tatsächlich der Auslöser hierfür war. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass bei mehr als 70 % der betroffenen abhängigen Cannabiskonsumenten, eine andere Störung für das mangelnde Wohlbefinden verantwortlich ist.[[Seifert, aaO. (Fn.12), S. 6, 13f., m.w.N.. Hierzu auch: Solowij/Grenyer, aaO. (Fn. 61), S. 328f.; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 162; McGee et al., Addiction 2000, 491(499f.); Schulz/Remschmidt, DÄBl 1999, A-414 (A- 414ff.); Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 13; United Kingdom Parliament House of Lords, aaO. (Fn. 35), Absatz 4.11; Peuskens/Vansteelandt, aaO. (Fn. 11), S. 3; Fergusson/Horwood, Addiction 1997, 297 (297f.). Ähnlich auch: Schweizerisches Bundesgericht, in: StV 1992, 18 (19). ]]
Hinsichtlich jugendlicher Konsumenten besteht zudem ein breiter wissenschaftlicher Konsens darüber, dass die meisten Teenager, die psychische Probleme sowie Verhaltensstörungen aufweisen und zu starkem Cannabiskonsum neigen, schon vor dem Gebrauch von Cannabis sowohl seelische und emotionale Schwierigkeiten, als auch Abweichungen im Verhalten aufwiesen. Bei sozial integrierten Jugendlichen besteht eine sehr viel geringere Gefahr, einen problematischen Konsum zu entwickeln. Inwiefern dabei unterschiedliche Familienbeziehungen Einfluss auf das Konsumverhalten nehmen, ist noch ungeklärt. [[Manshouwer, British Journal of Psychiatry, 2006, 148 (151f.); Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 21; 99ff.; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 52), S. 180ff., 203; Tossmann, „Cannabiskonsum und Cannabisabhängigkeit“, in: „Cannabis“, (Hamburgerische Landesstelle gegen Suchtgefahren), 1994, S. 21f.; Fromberg, „Die Pharmakologie von Cannabis“, in: „Cannabis“, (Neumeyer), 1996, S. 39f.; Batra/Buchkremer, DÄBl 2001, A- 2590 (A-2592), McGee et al., Addiction 2000, 491(498ff.); Tossmann et al., “Cannabis – Konsummuster und Gefährdungspotential”, in: “Jahrbucht Sucht 1994”, (DHS), S. 151ff.; Sydrow, „Drogengebrauch, – missbrauch und –abhängigkeit unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen im München, BINAD-Info 20, 2001, S. 64; Fergusson/Horwood, Addiction 1997, 297 (298ff., 287ff.); Bauman/Ennet, Addiction 1996, 185 (192); Ary et al., Journal of Abnormal Child Psychology 1999, 141(147ff.). ]]
Auch wenn der Konsum von Cannabis folglich die Sorgen und Probleme von Jugendlichen zu verstärken vermag, so kann keinesfalls davon die Rede sein, dass Cannabis selbst die alleinige Ursache für psychische Störungen der genannten Art darstellt.[[Peterson, aaO. (Fn. 33),S. 13; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 100; Fergusson/Horwood, Addiction 1997, 297 (286ff., 293f.); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 218; Nedelmann, DÄBl 2000, A-2833 (A-2837); hierzu auch: McGee et al., Addiction 2000, 491(498ff.); Tossmann et al., aaO. (Fn. 56), S. 143ff.. ]]
Insbesondere scheint es absurd, an dieser Stelle mit Tierversuchen[[So muss prinzipiell die Frage aufgeworfen werden, inwieweit Versuche mit Tieren im Rahmen der Wissen- schaft gerechtfertigt scheinen. Dies gilt insbesondere in Anbetracht der vielen Cannabiskonsumenten welt- weit, die theoretisch alle als „Untersuchungsobjekt“ in Frage kämen. Dabei verstärken sich die angebrachten Zweifel hinsichtlich der Tatsache, dass die aus Tierversuchen gewonnen Ergebnisse gerade im Rahmen der Cannabis-Forschung, wenn überhaupt, dann nur sehr eingeschränkt auf den Menschen übertragbar sind, vgl. ausführlich bei: Grotenhermen/Karus, aaO. (Fn. 18), S. 226ff.. So auch: Bergeret et al., aaO. (Fn. 29), S. 55, 59; WHO, aaO. (Fn. 27), S. 2; Schneider, „Risiko Cannabis“, 1995, S. 59; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 2; Solowij/ Grenyer, aaO. (Fn. 61), S. 325f.; Krausz/Meyer-Thompson, aaO. (Fn. 44), S. 45; Harrison et al., “Cannabis use in the United States”, in: “Cannabisbeleid in Duitsland, Frankrijk en de Verenigde Staten” (Cohen/Sas), 1996, S. 199. Aus diesem Grund verzichten seriöse Untersuchungen zum Teil gänzlich auf die bei Tierversuchen gewonnenen Ergebnisse. So z.B.: Grotenhermen/Karus, aaO. (Fn.18), S. 227. ]] zu argumentieren, um hieraus entsprechende Empfindlichkeiten in der Adoleszenz abzuleiten.[[So aber erst jüngst wieder: Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259ff.. ]] Vielmehr muss gerade das Probieren und Experimentieren mit Cannabis im Jugendalter als Zeichen für eine gesunde Psyche gesehen werden.[[Bundesministerium für Inneres/Justiz, „Zweiter periodischer Sicherheitsbericht – 2006“, S. 290; Tossmann et al., aaO. (Fn. 65), S. 144, 148f.; Tossmann, aaO. (Fn. 65), S. 12f.; Schneider, „Umgang mit Cannabis“, in: „Cannabis-Science – From Prohibition to human right”, Böllinger (Hrsg.), 1997, S. 84. ]]
bb. Cannabiskonsum und die Entwicklung von Psychosen
Zu den in jüngster Vergangenheit angeführten Horrorszenarien ist unzweifelhaft die Entstehung von Psychosen zu zählen.[[Vgl.: Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259 (263ff..). ]]
Für die Frage, ob der chronische Gebrauch[[Zur Möglichkeit der Psychoseerkrankung im Rahmen des akuten Cannabisrausches vgl. oben, Abschnitt I.1.. ]] von Cannabis zu andauernden Psychosen führt, muss die „schizophrene Psychose“ den Gegenstand der Untersuchung darstellen. Der Grund ist darin zu sehen, dass der früher verwendete und mittlerweile abgelehnte Begriff der „Cannabispsychose“ vielmehr dem Krankheitsbild von Schizophrenien gleicht. [[Vgl.: Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 20; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 146; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 82; Grotenhermen/Karus, aaO. (Fn. 18), S. 241f.; hierzu auch: Hai, aaO. (Fn. 27) S. 71f.; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11) S. 23; Peuskens/Vansteelandt, aaO. (Fn. 11), S. 1; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 11. ]]
Hierbei muss weitergehend differenziert werden, ob der Gebrauch von Cannabis bestehende Schizophrenien zu verstärken vermag, oder ob durch den Konsum von Cannabis eine schizophrene Psychose auslöst werden kann.
Hinsichtlich der ersten Fragestellung ergaben Studien,[[Vgl. zur Übersicht: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 147ff.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 14; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 95ff.; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 167ff., wobei Letztere noch den Begriff „Cannabispsychose“ benutzen. ]] dass ein Gebrauchsmuster von ein bis zweimal täglich, keine signifikante Verschlechterung sowohl der Wahn-, als auch der Halluzinationssymptome (sog. Plussymptomatik)[[Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (167); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 147. ]] nach sich zieht, während ein mehrfacher täglicher Cannabiskonsum die Plussymptomatik verstärken kann.[[Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (167); Hanak et al., “Cannabis mental health and dependence”, in: “Cannabis Report 2002”, (Ministry of Public Health of Belgium);S. 66; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 153; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 30; Peuskens/Vansteelandt, aaO. (Fn. 11), S. 2. ]] Bezüglich der sogenannten Minussymptomatik (Antriebs- und Motivationslust)[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 147.]], die nach akuten Krankheitsschüben auftritt, steht dabei kein ausreichendes Studienmaterial zur Verfügung, so dass hier nur Vermutungen angestellt werden können. Danach besteht aber die Möglichkeit, dass vor allem ein gemäßigter Cannabiskonsum zu einer Verbesserung der Minussymptomatik führt.[[Caspari, Sucht 1998, 163 (166); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 153f.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 14; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 97; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), 2004, S. 31; Hanak et al., aaO. (Fn. 75), S. 66. Ablehnend: Peuskens/Vansteelandt, 2003, S. 2. ]]
Ungeklärt ist damit noch, ob der Konsum von Cannabisprodukten auch den Auslöser für den Ausbruch schizophrener Psychosen darstellen kann. Durchgeführte Untersuchungen[[Vgl. zur Übersicht: Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 18ff.; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 154ff.; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 31f.; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 99ff.; Hall et al. aaO. (Fn. 11), S. 92ff.; Degenhardt et al.,, Drug and Alcohol Dependence 2003, 37 (38); Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 51f.; Hanak et al., aaO. (Fn. 75), S. 64 ]] hierzu lassen dabei noch keine eindeutigen Ergebnisse zu. So wiesen im Rahmen einer schwedischen Untersuchung zwar mehr Männer eine schizophrene Erkrankung auf, die vorher öfter als 50 mal Cannabis konsumiert hatten, als Männer mit weniger als 50 Cannabiserfahrungen.[[Hierzu ausführlich: Simon et al., SchweizMedForum, 2004, 636 (638); Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 100; Hall/Solowij, The Lancet 1998, 1611 (1614); Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 12; Os et al., Am J Epidemiol 2002, 319 (319); Arseneault etal., BMJ 2002, 1212 (1212). ]] Dabei hatten jedoch alle Probanden, die später an Schizophrenie erkrankten, bereits vor Auftritt der Krankheit Medikamente wegen Nervenproblemen eingenommen, kamen aus einem zerrütteten Elternhaus und hatten Probleme mit der Schule und der Polizei. Zudem wurde zum Teil auch der Gebrauch vom Amphetaminen festgestellt.[[Vgl.: Os et al., Am J Epidemiol 2002, 319 (319f.); Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S.12 ; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 100. ]]
Weitere Studien ergaben hingegen ebenfalls ein erhöhtes Risiko an schizophrenen Psychosen zu erkranken sofern psychosevulnerable Personen Cannabis konsumierten.[[Simon et al., SchweizMedForum, 2004, 636 (638); Arseneault et al., BMJ 2002, 1212 (1213); Hall/Solowij, The Lancet 1998, 1611 (1614); Os et al., Am J Epidemiol 2002, 319 (320ff.); Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 15; Simon/Sonnatg, aaO. (Fn. 11), S. 30f.; Caspari, Sucht 1998, 162 (166f.); Rickard, aaO. (Fn. 29), S. 10f.. ]] Inwiefern hier eventuelle Vorerkrankungen bzw. soziale und psychische Probleme am Eintritt der Psychose beteiligt waren, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden.[[Vgl. Die Übersicht bei: Petersen/Thomasius, aaO (Fn. 23), S. 70ff.. ]] So lässt sich nach anderer Auffassung gerade nicht belegen, dass der Gebrauch von Cannabis als Ursache für ausgelöste Psychosen herangezogen werden kann. Als Bestätigung dieser Aussage wird angegeben, dass auf Grund der ansteigenden Konsumentenzahlen, als logische Konsequenz auch die Zahl von schizophrenen Erkrankungen ansteigen müsste, sofern Cannabis als Auslöser in Frage käme. Dies konnte jedenfalls in den entsprechenden Studien bisher nicht nachgewiesen werden.[[Hickman, Addiction 2007, 597 (604f.); Degenhardt et al., Drug and Alcohol Dependence 2003, 37 (40ff.); Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 100; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 31; ähnlich auch: Hanak et al., aaO. (Fn. 75), 2002, S. 65; Health Committee, aaO. (Fn. 19), S. 17f.; Rickard, (Fn. 29), S. 10f.. ]] Dennoch muss auch trotz der bisher unvollständigen und zum Teil widersprüchlichen Untersuchungsergebnisse von der Möglichkeit ausgegangen werden, dass chronische und stark konsumierende Gebraucher mit einer psychischen Vorbelastung ein größeres Risiko trifft an einer schizophrenen Psychose zu erkranken. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass in den entsprechenden Fällen häufig auch ohne den Konsum von Cannabis, mit dem Ausbruch der Krankheit zu rechnen wäre.[[So auch: Rey/Tennant, BMJ 2002, 1183 (1183); Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 18ff.; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 31f.; Peuskens/Vansteelandt, aaO. (Fn. 11), S. 2; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 82; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 13; Simon et al., SchweizMedForum, 2004, 636 (638); Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (168); Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 51; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 12. ]]
Ein ursächlicher Zusammenhang von Cannabiskonsum und Schizophrenie, als Beitrag zum Gesamtrisiko, an einer Schizophrenie zu erkranken, ist damit insgesamt gering und in den meisten Fällen zu vernachlässigen.[[So auch: Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 19 mit den jeweiligen Nachweisen. ]]
Inwiefern hingegen anderweitige, nicht ermittelte bzw. nicht ermittelbare Faktoren den eigentlichen Grund für den Ausbruch darstellen, ist nicht abschließend geklärt.[[So auch: Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 170; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 83; Simon et al., Schweiz MedForum, 2004, 636 (638); Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 52; Degenhardt et al., Drug and Alcohol Dependence 2003, 37 (45); United Kingdom Parliament House of Lords, aaO. (Fn. 34), Absatz 4.11; Hanak et al., aaO. (Fn. 75), S.66f.. ]]
Hierauf, und auf die Tatsache, dass wenn überhaupt nur ein sehr kleiner Konsumentenkreis von dieser potentiellen Folge betroffen ist, wird jedoch leider häufig nur in einem Nebensatz und in der Regel nach seitenlangen Ausführungen über Schizophrenieerkrankungen nach Cannabiskonsum hingewiesen.[[So auch: Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259 (264). ]]
c. Auswirkungen des Cannabiskonsums auf die Gehirnleistung
Nachdem oben bereits erwähnt wurde, dass der Gebrauch von Cannabis nicht nachweislich zu organischen Schädigungen des Gehirns führt, soll folgend dargestellt werden, ob und inwiefern ein chronischer Cannabiskonsum eine Beeinträchtigung der Gehirntätigkeit bezüglich Aufmerksamkeit, Gedächtnis und allgemeiner intellektueller Leistungen bedingt. Auch auf diesem Gebiet wurden bereits seit Beginn der 70er Jahre zahlreiche Studien durchgeführt, die aufgrund der Untersuchungsbedingungen jedoch zum Teil nur geringe Aussagekraft besitzen bzw. sogar zu entgegengesetzten Ergebnissen kamen[[Russo et al., Journal of Cannabis Therapeutics 2002, 3 (38ff.); Pope, JAMA 2002, 1172 (1173); Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 27; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 91ff.; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 122ff.; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 81ff.; Pope et al., Drug an Alcohol Dependence 2003, 303ff.; Peterson, aaO. (Fn. 34), S.7f.; United Kingdom Parliament House of Lords, aaO. (Fn. 34), Absatz 4.13; Lyketsos et al.,American Journal of Epidemiology 1999, 794 (798f.); zu Übersicht vgl.: Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. 100ff.. ]] Eine eindeutige und abschließende Beurteilung ist deshalb auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.
Dennoch lässt sich zusammenfassend festhalten, dass ins-esondere noch 12 bis 24 Stunden nach der letzten Cannabiseinnahme, Beeinträchtigung hinsichtlich des Gedächtnis, der Aufmerksamkeit und der Reaktionsfähigkeit vorliegen, wobei solche Einschränkungen noch in direktem Zusammenhang mit der akuten Cannabiswirkung stehen und daher keine Aussagekraft hinsichtlich eventueller Langzeitbeeinträchtigungen haben.[[Pope, JAMA 2002, 1172 (1173f.); Chabrol, Ital J Pediatr 2003, 173 (174); Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 90f., 94; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 144; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 27; WHO, aaO. (Fn. 27), S. 16; Aus diesem Grund sind auch die Studien von: Slowij et al., JAMA 2002, 1123ff. und Pope et al., JAMA 1996, 251ff. nicht repräsentativ, da die Untersuchungen lediglich 17 bzw. 24 Std. nach der letzten Cannabiseinnahme der Probanden erfolgte. Hierzu auch: Pope JAMA 2002, 1172 (1172ff.). ]] Lag dabei zwischen der letzten Cannabiseinnahme und den jeweiligen Tests ein größerer Zeitraum, gaben einige der durchgeführten Untersuchungen ebenfalls Anlass für die Vermutung, dass anhaltende Beeinträchtigungen der Gehirnleistung durchaus möglich sind.[[Vgl.: Schwenk, Journal of Drug Issues 1998, 941 (965ff.); Pope et al., Drug an Alcohol Dependence 2003, 303 (304); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 139, 140; Hall et al., aaO. (Fn. 11), 2001, S. 83ff.. ]] Es darf dabei jedoch nicht übersehen werden, dass in den meisten Fällen ein Unterschied zwischen Konsumenten und Nichtkonsumenten, wenn überhaupt, nur für einen variierenden Anteil der durchgeführten Test festgestellt werden konnte.[[Fried et al., CMAJ 2002, 887 (889f.); Grant et al., Journal of the International Neuropsychological Society 2003, 679 (685); Bolla et al., Neurology 2002, 1337 (1340); Schwenk, Journal of Drug Issues 1998, 941 (965ff.); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 144f.; United Kingdom Parliament House of Lords, aaO. (Fn. 34), Absatz 4.13. ]]
Zudem fanden sich die zum Teil ermittelten Leistungseinschränkungen häufig ausschließlich bei Personen, die über mehrere Jahre mehrfach täglich Cannabis konsumierten, so dass kognitive Abweichungen insbesondere im Zusammenhang mit bestimmten Konsummustern gesehen werden müssen.[[Jager et al., Psychopharmacology 2006, 385ff.; Bolla et al., Neurology 2002, 1337 (1340ff.); Solowij/Grenyer, aaO. (Fn. 61), S. 330f.; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 27; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 145; hierzu auch: Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. 100ff.. ]] Bei Personen z.B., die zwischen zwei- und siebenmal wöchentlich konsumierten, ergaben Studien hingegen keine signifikante Verringerung der Leistungsfähigkeit.[[Lyketsos et al., American Journal of Epidemiology 1999, 794 (797f.); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 145; siehe hierzu auch: Fried et al., CMAJ 2002, 887 (889f.); Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 93ff.; Pope, JAMA 2002, 1172 (1173); Chabrol, Ital J Pediatr 2003,173 (175). ]] Darüber hinaus wurde zum Teil auch ermittelt, dass mögliche Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit nach einer Abstinenzphase nicht mehr nachweisbar waren.[[Jager et al., Psychopharmacology 2006, 385ff.; Fried et al., Neurotoxicology and Teratology 2005, 231 (238); Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (167f.); Bolla et al., Neurology 2002, 1337 (1337); Rickard, aaO. (Fn. 29), 2001, S. 10, hierzu auch: Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. 100, 117ff.. ]] Als Begründung hierfür kommt eine durch Cannabiskonsum bedingte Erhöhung des Blutflusses im Gehirn in Betracht, welcher sich jedoch je nach Konsumdauer und Frequenz innerhalb von Tagen bzw. Wochen wieder normalisiert.[[Vgl. hierzu: Herning et al, Neurology 2005, 488 (493); Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. 23), S. 100, 117ff.. ]]
Inwiefern deshalb davon ausgegangen werden kann, dass ein chronischer Cannabiskonsum grundsätzlich zu relevanten Gehirnleistungseinbußen führt, ist nicht geklärt.[[Hoffman et al., Learning and Memory 2007, 14:63-74, URL.: http://www.learnmem.org/cgi/reprint/14/1/63; Ashton, British Journal of Psychiatry 2001, 101 (105); Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 41f.; United Kingdom Parliament House of Lords, aaO. (Fn. 34), 1998, Absatz 4.13.. ]]
Hinsichtlich der durchgeführten Studien kann jedoch gesagt werden, dass auch ein langfristiger Konsum von Cannabisprodukten nicht zu groben kognitiven Defiziten führt. Und auch massive Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit und der kognitiven Funktionen, wie man sie bei chronischem schwerem Alkoholkonsum findet, sind in der Form einem übermäßigen Cannabisgebrauch ebenfalls nicht zuzuschreiben.[[So auch: Jager et al., Psychopharmacology 2006, 385ff.; Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 12; Lyketsos et al., American Journal of Epidemiology 1999, 794 (798); Solowij/Grenyer, aaO. (Fn. 61), S. 330; Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (167f.); Grant et al., Journal of the International Neuropsycho- logical Society 2003, 679 (685ff.); Rickard, aaO. (Fn. 29), 2001, S. 10. ]]
Jedoch scheint die Vermutung nahe zu liegen, dass höhere kognitive Funktionen auf subtile und selektive Art, durch einen andauernden und stark frequentierten Cannabisgebrauch beeinträchtigt werden können.[[Jager et al., Psychopharmacology 2006, 385ff.; Solowij/Grenyer, aaO. (Fn. 61), S. 330.]] Ob und inwiefern sich dies allerdings in der Bewältigung alltäglicher Aufgaben niederschlägt, ist ebenfalls ungeklärt. Auch hier kann jedoch mit der bereits oben erwähnten hohen Anzahl an Konsumenten mit täglichem Konsum in Europa argumentiert werden. So dass erneut die Frage auftaucht, wie starke Leistungseinbußen so lange unbemerkt bleiben konnten. Dies gilt umso mehr, als dass herausgefunden wurde, dass Menschen aus höheren Bildungsschichten häufiger Cannabis konsumieren, als Menschen aus niedrigeren Bildungsschichten.[[Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, „Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2004 – Teilband Illegale Drogen, 2004, 26f.; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 24ff., 230. ]]
Ob dies auch für die Personen gilt, die in sehr jungen Jahren mit einem chronischen Cannabiskonsum begonnnen haben, oder ob hier eher mit später auftauchenden Beeinträchtigungen zu rechnen ist, kann dabei ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden.[[Vgl. ausführlich: Pope et al., Drug an Alcohol Dependence 2003, 303 (304ff), die Unterschiede innerhalb der zwei Konsumentengruppen feststellten. Diese Unterschiede begrenzten sich jedoch auf mündliche Tests. In anderen Test konnte keine signifikanten Abweichungen ermittelt werden. Die Ergebnisse der verbalen Unter- suchungen lassen zudem auch auf andere Gründe als das Alter bei Konsumbeginn schließen, vgl. S. 307f.. ]] Jedenfalls kann nach der Studie von DeLisi et al. davon ausgegangen werden, dass der Cannabiskonsum Jugendlicher nicht mit Veränderungen des Gehirns einhergeht.[[DeLisi et al., Harm Reduction Journal 2006; 3:17. ]]
Wie aber bereits mehrfach erwähnt, lässt sich die Gefahr einer Substanz nicht allein an der Gefährlichkeit für bestimmte Konsumentengruppen wie z.B. Jugendliche oder Starkkonsumenten festmachen.
d. Soziale und sonstige Auswirkungen eines chronischen Cannabisgebrauchs
Hinsichtlich der Schwierigkeiten, bezüglich der Feststellung von Auswirkungen, die ihre nichtorganische Ursache im Cannabisgebrauch finden, gilt hier das eingangs unter Abschnitt 2b Gesagte entsprechend.
Zu klären ist dabei zunächst, wie es sich mit dem erneut vorgeholten Argument verhält, dass durch den Gebrauch von Cannabisprodukten die Wahrscheinlichkeit steigt, auch andere Drogen zu konsumieren. Darüber hinaus soll auch darauf eingegangen werden, ob ein starker, langanhaltender Cannabiskonsum zu Persönlichkeitsveränderungen im Antriebs-, Aktivitäts- und Leistungsbereich führt, so dass es zur Entstehung eines sog. „amotivationalen Syndroms“[[Zur Entsehung des Begriffs vgl.: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 184f.. ]] kommen kann.
aa. Cannabis als Einstiegsdroge
Die Frage, inwiefern der Gebrauch von Cannabis dazu führt, auch andere illegale Drogen zu konsumieren, war lange Zeit umstritten.[[Vgl. hierzu: Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), 2004, S. 55; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 58ff.; Hall et al., aaO. (Fn. 11), 2001, S. 103ff.. ]]
Mittlerweile besteht jedoch weitestgehende Einigkeit darüber, dass eine Vielzahl opiatabhängiger Personen Cannabis zwar als erste illegale Substanz konsumierte,[[MacCoun/Reuter, British Journal of Psychiatry 2001, 123 (126); Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 14f.; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 173; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 170ff.; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 46f.; WHO, aaO. (Fn. 27), S. 17; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), 2004, S. 20; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 60; Braun, Zeitschrift für Rechtsoziologie 1997, 106 (107). ]] dass im Gegensatz dazu aber der größte Teil der Cannabisgebraucher eben gerade nicht auf andere illegale Substanzen, insbesondere auf Opiate, umsteigt.[[Tossmann, Sucht 2004, 164 (167); BVerfG, NJW 1994, 1577 (1581); MacCoun/Reuter, British Journal of Psychiatry 2001, 123 (126); Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 61; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 172ff.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 14; WHO, aaO. (Fn. 27), S. 17; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), 1994, S. 174; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 48; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 20; Braun, Zeitschrift für Rechtsoziologie 1997, 106 (107); Rickard, aaO. (Fn. 29), S. 12; Schneider, „Einstiegsdroge Cannabis“, in: „Wider besseres Wissens – Die Scheinheiligkeit der Drogenpolitik“, (Akzept), 1996, S. 120ff.. ]] Das zwischen dem Konsum von Cannabis und der Einnahme anderer illegaler Drogen ein kausaler Zusammenhang besteht, ist folglich abzulehnen.[[So unter anderem auch: Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 10; House Of Commons Library, aaO. (Fn. 23), S. 44; Tossmann, aaO. (Fn. 65), S. 22f.; Braun, Zeitschrift für Rechtsoziologie 1997, 106 (107); Fromberg, aaO. (Fn. 65), S. 40; Hohmann/Matt, JuS 1992, 370 (371f.); Tossmann et al., aaO. (Fn. 65), S. 155; Nadelmann, “The case für Legalization“, in: “The Drug Legalization Debate – Studies in crime, law and justice“, (Inciardi), S. 38f., Jacobson, IJDP 1999, 217 (271). Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 176, 182f.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 14f.; im Ergebnis so auch: Petersen/Thomasius, aaO (Fn. 23), S. 54. ]] Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass viele Drogengebraucher zunächst Alkoholika wie Bier und Wein oder aber Zigaretten konsumieren.[[Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, aaO. (Fn. 99), S. 40ff.; Fromberg, aaO. (Fn. 65), S. 40; Cohen/Kaal, „The Irrelevance of Drug Policy“, 2001, S. 92, Batra/Buchkremer, DÄBl 2001, A-2590 (A- 2590ff.); Sydrow, aaO. (Fn. 65), S. 64; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 20; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 55; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 175; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 173; Schneider, aaO. (Fn. 67) S. 60; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 48ff.. ]] Der Konsum von Cannabis liegt dabei zeitlich nach den Erfahrungen mit den genannten legalen Drogen und kann gefolgt sein von einem eventuellen Konsum anderer illegaler Drogen. Folglich stellen Cannabis-produkte, wenn überhaupt, nur eine Zwischenstufe dar.[[Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 14; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 20; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 173; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 175. ]]
So hat auch das BVerfG eine Schrittmacherfunktion abgelehnt, soweit damit die stoffliche Eigenschaft der Cannabisprodukte angesprochen wird.[[BVerfG NJW 1994, 1577 (1581); so auch das Schweizerische Bundesgericht, in: StV 1992, 18 (19). ]] Einen gewissen Umsteigeeffekt auf andere illegale Drogen hat das Gericht jedoch in Bezug auf die Einheitlichkeit des Drogenschwarzmarktes angenommen. Hinsichtlich der Tatsache, dass Cannabiskonsumenten bei der Besorgung von Cannabis bei ihrem Dealer, auch in Kontakt zu weiteren illegalen Drogen kommen, wäre die Möglichkeit erhöht, auch diese anderen Substanzen zu probieren.[[BVerfG NJW 1994, 1577 (1581); so auch: WHO, aaO. (Fn. 27), S. 17; Hall/Solowij, The Lancet 1998, 1611 (1614); Health Committee, aaO. (Fn. 19), S. 22. vgl.: hierzu auch: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 182; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 62; Rickard, aaO. (Fn. 29), S. 13. ]] Mittlerweile muss jedoch angezweifelt werden, dass die Vorstellung eines subkulturellen Drogenmilieus in Bezug auf Cannabis noch der Realität entspricht. In vielen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass das Cannabis privat über Freunde und Bekannte gekauft wird, so dass der Gang in die Drogenszene nicht mehr erforderlich ist.[[Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, aaO. (Fn. 99), S. 19f.; Cohen/Kaal, aaO. (Fn. 107), S. 71f.; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 63; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 39f.; Abraham et al., „Licit and illicit drug use in the Netherlands” 2002, Part II, Chapter 7.2; URL.: http://www.cedro-uva.org/lib/abraham. npo01.html; Schneider, aaO. (Fn. 105), S. 123f.. ]] Sofern dies nicht der Fall ist, kann eine Schrittmacherfunktion dennoch nicht der Substanz Cannabis zugeschrieben werden. Denn Grund für die Einheitlichkeit des Schwarzmarktes ist ausschließlich die Kriminalisierung, so dass diese als Grund für potentielle Kontakte zu anderen Drogen erachtet werden muss.
Folglich lässt sich die These der „Einstiegsdroge“ für Cannabis aus keinem Blickwinkel mehr aufrechterhalten.[[So auch: Cohen/Sas, in: “Cannabis Science –From Prohibition ti human right“, (Böllinger), S. 81; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 182f.; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 63. ]] An diesem wissenschaftlich einhelligen Ergebnis können auch ein möglicher Wirkstoffanstieg oder entsprechende staatsanwaltliche Plädoyers nichts ändern.
bb. Amotivationales Syndrom
Unter dem sogenannten „amotivationalen Syndrom“ wird vorwiegend verstanden, dass Symptome wie allgemeine Antriebs- und Aktivitätsreduktion, Gleichgültigkeit bezüglich den Ansprüchen des täglichen Lebens, fehlende Zielgerichtetheit bzw. Zukunftsorientierung, Mangel an Leistungsorientierung sowie die Konzentration auf augenblickliche lustbetonte Ziele beim Konsumenten auftreten.[[Vgl. hierzu: Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 89; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 185; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 176; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 54f.; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 68; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 46. ]] Fraglich ist dabei, inwiefern ein wie auch immer gearteter Cannabiskonsum zwangsläufig zum Eintritt der Symptomatik führt, bzw. ob die Ursache des amotivationalen Syndroms tatsächlich in dem Konsum von Cannabis zu finden ist, oder ob andere psychische Probleme den Konsumenten zu einem solchen Verhalten veranlassen.
Zahlreiche durchgeführte Untersuchungen an Studenten und Arbeitern innerhalb und außerhalb von Laborbedingungen[[Vgl. ausführlich: Schwenk, Journal of Drug Issues 1998, 941 (948); Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 131ff.; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 81ff.; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), 1994, S. 174ff.; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 55f.; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 46ff.; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 184f., 186ff.; sowie die Übersicht auf S. 197ff.. ]] kamen jedoch zu dem Schluss, dass der Konsum von Cannabis gerade nicht zu den beschriebenen Demotivationserscheinungen führt.[[Tossmann, Sucht 2004, 164 (166f.); Schwenk, Journal of Drug Issues 1998, 941 (948ff); Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 57 ), S. 132f.; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 216f.; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 47; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 12; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 54; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 10; Krausz/Meyer-Thompson, aaO. (Fn. 44), S. 46f.; Grotenhermen, „Fahrtüchtigkeit, Fahreignung und Cannabiskonsum“, in: „Cannabis- konsum, Straßenverkehr und Arbeitswelt (Grotenhermen/Karus), 2002, S. 184; Health Committee, aaO. (Fn. 20), S. 19. ]] So konnte die Symptomatik, die eigentlich dem amotivationalen Syndrom zugeschrieben wird, auch bei Nichtkonsumenten beobachtet werden.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 133; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 217, Grotenhermen, aaO. (Fn. 115), S. 185. ]] Andererseits sind auch unter den Cannabiskonsumenten Personen zu finden, die extrem leistungsorientiert sind.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 132ff.; Krausz/Meyer-Thompson, aaO. (Fn. 44), S. 46f.. ]] Eine kausale Verbindung zwischen dem Konsum von Cannabis und abnehmender Leistungsmotivation ließ sich folglich nicht ermitteln.[[Ausführlich: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 217f.; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 81ff.; Schneider, aaO. (Fn. 67), S. 55f.; EKDF, aaO. (Fn. 14), S. 27f.; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 46; United Kingdom Parliament House of Lords, aaO. (Fn. 34), Absatz 4.14; Nedelmann, DÄBl 2000, A- 2833 (2836); Schwenk, Journal of Drug Issues 1998, 941 (957ff.). ]]
Grundsätzlich kann im Vergleich zu Nichtkonsumenten dennoch gesagt werden, dass Cannabisgebraucher zwar weniger, aber keines Falles wenig leistungsorientiert sind.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 133ff.. ]] So sind cannabiserfahrene Personen häufiger normal leistungsmotiviert als cannabisunerfahrene bzw. cannabisabstinente Menschen, während cannabisunerfahrene bzw. –enthaltsame Personen häufiger hoch leistungsorientiert sind.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 135. ]] Ein Grund hierfür kann darin gesehen werden, dass ein Teil der Menschen, die Cannabis gebrauchen, bereits vor Beginn des Konsums eine Lebensweise bevorzugten, die weniger leistungs- und karriereorientiert ist. Der Gebrauch von Cannabis, mit der sowohl entspannenden als auch dämpfenden Wirkung, fügt sich dementsprechend in die gewünschte Lebensweise ein.[[Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 17f.; Pommer, DÄBl 1999, A-1908 (1908); Schwenk, Journal of Drug Issues 1998, 941 (960ff.); Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 90ff.; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 206ff.; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 10; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 218, Rickard, aaO. (Fn. 29), S. 11f.. ]] Andererseits scheinen Personen, die extrem leistungsmotiviert sind, gerade nicht empfänglich zu sein für einen mehr oder weniger anhaltenden Gebrauch von Cannabis.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 133.]]
Die These vom amotivationalen Syndrom als typische Folge eines Cannabiskonsums ist dementsprechend abzulehnen.[[So auch: Krausz/Meyer-Thompson, aaO. (Fn. 44), S. 47; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 86; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 218; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 176f.; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 92f.; Kleiber/ Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 141, 161; House Of Commons Library, aaO. (Fn. 23), S. 26; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S.10; Schwenk, Journal of Drug Issues 1998, 941(948); Wheelock, aaO. (Fn. 26), S.46ff.. ]] Auch dieses Ergebnis ist dabei unabhängig vom THC- Gehalt des konsumierten Cannabisproduktes gültig.
e. Physische und psychische Substanzabhängigkeit
Nach international entwickelten Klassifikationssystemen (ICD-10[[„The International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, tenth revision“, vgl. DIMI, ICD-10, 2004, S.ii. Übersetzt: „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“, vgl.: DIMI, ICD-10, 2004, S.i.. ]], DSM-IV[[Diagnostic and Statistic Manual for Mental Health”, Ausgabe 4, vgl.: AllPsych online; http://allpsych.com/disorders/dsm.html. Übersetzt: „Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen“. ]]) wird von einer Abhängigkeit nur dann gesprochen, wenn eine Mindestzahl an Kennzeichen aus den Kriterienlisten erfüllt ist. Diese Listen enthalten Merkmale wie den verstärkten Wunsch, die Substanz erneut einzunehmen; Schwierigkeiten hinsichtlich der Konsumkontrolle; anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen; Auftreten von Entzugssymptomen nach Absetzen der Substanzeinnahme; Entwicklung einer bedeutsamen Toleranzentwicklung die zur Dosissteigerung führt und mangelnde Prioritätensetzung hinsichtlich den Aufgaben des täglichen Lebens, wie Schule, Beruf, sozialen Betätigungen und Freizeitaktivitäten, wobei dem Konsum Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen gegeben wird.[[DIMI, ICD-10, 2004, S. 321; Cohen/Kaal, aaO. (Fn. 107), S. 97f..Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 69f.; Kleiber/ Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 162f.; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 99f.; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 144ff.. ]]
aa. Physische Cannabisabhängigkeit
Grundsätzlich versteht man unter einer körperlichen Abhängigkeit, dass beim Absetzen der betreffenden Substanzen Entzugserscheinungen auftreten. Entzugserscheinung sind dabei entweder definiert als die der Substanz typischerweise anhaftenden Abstinenzreaktionen, oder als ein Verhalten, dass sich darin äußert, die gleiche oder eine ähnlich wirkende Substanz zu konsumieren, um so den Entzugserscheinungen abzuhelfen bzw. vorzubeugen.[[Hierzu: Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 70.]] Zusätzlich kann es bei einer körperlichen Abhängigkeit zu Toleranzentwicklungen kommen.[[Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 77. ]] Dabei ist unter Toleranzentwicklung zu verstehen, dass trotz fortgesetzter Einnahme einer gleichbleibenden Substanzmenge, ein herabgesetzter Effekt eintritt, worauf der abhängige Konsument die entsprechende Menge steigert, um so die gewünschte Wirkung herbeizuführen.[[Vgl. hierzu: Hall et al., aaO. (Fn. 12 ), S. 69; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 57 ), S. 145f.. ]] Bei der Frage, inwiefern diese Symptome auch dem Gebrauch von Cannabis zuzuschreiben sind, muss zwischen unregelmäßigem bzw. vorübergehendem und chronischem Konsum unterschieden werden.
aaa. Gelegentlicher bzw. episodischer Konsum
Toleranzerscheinungen treten, wenn überhaupt, nur dann auf, sofern THC in sehr hohen Dosen[[Dabei wird häufig von so hohen Dosen ausgegangen, wie sie nur in klinischen Versuchen bzw. in Tierversuchen verabreicht werden können. ]] und über längere Zeiträume eingenommen wird, so dass es zur Entwicklung einer chronischen Intoxikation kommt.[[Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 77; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 86; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 29. ]] Folglich führt ein gemäßigter bzw. vorübergehender Gebrauch nach allgemeiner Auffassung weder zu einer Toleranzbildung, noch zu einer körperlichen Abhängigkeit, so dass auch die Möglichkeit eventueller Entzugssymptome abzulehnen ist.[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 80; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172; mit jew. w. Nachweisen. ]]
bbb. Chronischer Konsum
Wie gerade angesprochen, können Toleranzerscheinungen auftreten, sofern Cannabis in großen Mengen und über einen dauerhaften Zeitraum eingenommen wird.[[So auch das BVerfG NJW 1994, 1577 (1580); Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 29; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 86; Harrison et al., aaO. (Fn. 67), S. 202. ]] Dabei betreffen die Toleranzwirkungen den Anstieg des Pulsschlages sowie das ́High`-Empfinden.[[Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (165); Sussman/Westreich, Primary Psychiatry 2003,73 (75); Smith, Addiction 2002, 621 (623); Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 32, 60; Ashton, British Journal of Psychiatry 2001, 101 (105); Hall/Solowij, The Lancet 1998, 1611 (1614); Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 49; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 11; unklar diesbezüglich: Petersen/Thomasius, aaO (Fn. 23), S. 61ff.. ]] Durchgeführte Studien kommen jedoch auch hierbei zu unterschiedlichen Ergebnissen, was sich aber mit differierenden Dosisvergaben erklären lässt.[[Danach haben Versuchsreihen auch ergeben, dass eine Toleranzentwicklung hinsichtlich des ́High`-Gefühls gerade nicht eintritt, vgl. hierzu mit den jeweiligen Nachweisen: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 77f.. ]] Dabei konnte bisher noch keine wissenschaftliche Erklärung für die Toleranzentwicklung gefunden werden.[[Hall et al., aaO. (Fn.12), S. 70. ]] Als Grund für die grundsätzlich anzunehmende Toleranzentwicklung werden pharmakodynamische Prozesse angegeben.[[Ausführlich hierzu: Maldonado/Fonseca, The Journal of Neuroscience 2002, 3326 (3328f.); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 77ff.; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 70f.; mit jew. w. N. ]] Trotz potentieller Toleranzentwicklung erfolgt eine Dosissteigerung dabei jedoch typischerweise nicht hinsichtlich der verwendeten Cannabismenge, sondern -wenn überhaupt- hinsichtlich der Konsumfrequenz.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 144; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 49; zweifelnd: United Kingdom Parlia- ment House of Lords, aaO. (Fn. 34), Absatz 4.20; Fahrenkrug/Gmel, Abhängigkeiten 1996, 43 (43ff.). ]] Dabei wurde aber auch festgestellt, dass Toleranzbildungen gegenüber den einzelnen Cannabis- Wirkungen durchaus schnell reversibel sind.[[Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (165); Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 78; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 86; mit jew. w. Nachweisen. ]]
Hinsichtlich der Tatsache, dass die Toleranzentwicklung bei Cannabis häufig gerade nicht zu einer Dosissteigerung führt, muss die Frage gestellt werden, ob dass Kriterium der Toleranzentwicklung damit überhaupt als erfüllt zu betrachten ist. So ist auch nach dem Kriteriensystem DSM die Toleranzbildung nicht zwingend auf Cannabis anwendbar.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 144f., mit den entsprechenden Nachweisen. Vgl. Hierzu auch: Fahrenkrug/Gmel, Abhängigkeiten 1996, 43 (43f.). ]]
Ob deshalb noch von der Möglichkeit einer physischen Dependenz gesprochen werden kann, richtet sich unter anderem danach, ob nach Absetzten der Cannabiseinnahme Entzugserscheinungen auftreten. Durchgeführte Untersuchungen hierzu haben ergeben, dass bei einem Teil der Probanden nach Absetzten der THC-Vergabe leichte Symptome wie Verwirrung, innere Unruhe, Schlafstörungen, geringerer Appetit, Übelkeit, vermehrtes Schwitzen, übermäßiger Speichelfluss, erhöhte Körpertemperatur, Zittern und Gewichtsverlust auftraten,[[Nutt/Nash, “Cannabis – An update 1999-2002”, 2002, S. 11; Zimmer et al., aaO. (Fn. 12 ), S. 50; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 80; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 87; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 49; vgl. auch die Übersicht bei: Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 70f.; Sussman/Westreich, Primary Psychiatry 2003, 73 (75); Smith, Addiction 2002, 621 (623, 626f.); Nutt/Nash, aaO. (Fn. 141), S. 11. ]] wobei auch hier die Untersuchungen nicht immer zu eindeutigen bzw. auf den Menschen übertragbaren Resultaten kamen.[[Ausführlich: Smith, Addiction 2002, 621 (622ff.). ]] Sofern jedoch Entzugserscheinungen auftraten, klangen diese innerhalb der folgenden Stunden bzw. Tage ab.[[Dominguez, The Journal of Applied Research 2004, 164 (167), Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 80 sowie Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172, legen hierbei eine Regelzeit von 12-48 Stunden zugrunde, während Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 29 sowie Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 10 hier von einer Zeitspanne von 7 bis maximal 21 Tagen ausgehen. Ähnlich auch: Sussman/Westreich, Primary Psychiatry 2003,73 (75); Chabrol, Ital J Pediatr 2003, 173 (175); Smith, Addiction 2002, 621 (623, 625f.); Nedelmann, DÄBl 1999, A-2833 (A- 2836); Mann et al., “Impacts of Cannabis on driving: An analysis of current evidence with an emphasis on Canadian Data”, 2003, S. 46; URL.: http://www.tc.gc.ca/roadsafety/tp/tp14179/Impacts%20of%20cannabis_E_v3.pdf. ]] Lediglich vereinzelte Personen litten darüber hinausgehend an länger andauernden Schlafstörungen.[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 80; vgl die Übersicht bei: Petersen/Thomasius, aaO (Fn. 23), S. 562ff.. ]] Bei vielen Konsumenten blieb dabei die eben beschriebene Entzugsymptomatik gänzlich aus.[[House Of Commons Library, aaO. (Fn. 23), S. 26; Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 8; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 50; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172; Smith, Addiction 2002, 621 (626ff.); Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 148, Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 72, Hall/Solowij, The Lancet 1998, 1611 (1611). ]]
Folglich ist das Auftreten der als schwach[[So: Körner, BtMG- Kommentar, 2001, Anhang C 1 (Cannabis), Rn. 243. ]] bzw. mild[[Smith, Addiction 2002, 621 (627f.); Mann et al., aaO. (Fn. 143), 2003, S. 46; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 17; Kuntz, aaO. (Fn. 11),2002, S. 87; Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 8; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 50; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 80; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172. ]] zu bezeichnenden Entzugssymptome keine zwingende Konsequenz eines chronischen Cannabiskonsums.[[Hierzu auch: Smith, Addiction 2002, 621 (626f.); Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 8; Krausz/Meyer-Thompson, aaO. (Fn. 44), S. 45. ]] Dabei geht auch das Diagnosesystem DSM davon aus, dass die Entzugssymptomatik bei Cannabiskonsumenten im allgemeinen nicht auftritt.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 144f., m. w. N.. ]] Demnach kann auch bei dauerhaftem Cannabiskonsum, wenn überhaupt, nur von der Möglichkeit einer extrem schwachen physischen Abhängigkeit gesprochen werden, die, wo sie denn auftritt, weder ein ernstes Problem für den Cannabisgebraucher darstellt, noch dazu veranlasst, den Konsum weiterhin zu betreiben.[[Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 172f.; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 49. ]] Hierfür spricht auch die Tatsache, dass die Einstellung jeglichen Cannabisgebrauches nicht nur jederzeit, sondern auch immer mit der gleichen Wahrscheinlichkeit möglich ist.[[Hierzu: Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 170f.. ]]
Hinsichtlich dieses Ergebnisses muss deshalb davon ausgegangen werden, dass Cannabis eine im Allgemeinen nicht physisch abhängig machende Substanz ist.[[So auch: BVerfG NJW 1994, 1577 (1580); Körner, BtMG- Kommentar, 2001, Anhang C1 (Cannabis), Rn. 243; Kuntz, aaO. (Fn. 12 ), S. 102; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 51; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 73, 153; Krausz/Meyer-Thompson, aaO. (Fn. 44), S. 45; Hess, aaO. (Fn. 15), S. 66; ähnlich: Fahrenkrug/Gmel, Abhängigkeiten 1996, 43 (43f.); mit jew. w. Nachweisen. ]] Sofern diesbezüglich von verzögerten Entzugserscheinungen[[So: Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259 (263, 265), die in diesem Zusammenhang sogar von THC – Anreicherungen im Fettgewebe sprechen, welche nach und nach in den Kreislauf zurückkehren. Dies ist nicht nur irreführend, sondern im Ergebnis regelrecht falsch. ]] gesprochen wird, handelt es sich um eine verzerrende Darstellung. Richtig ist zwar, dass sich die Abbauprodukte von THC je nach Konsumgewohnheit noch mehrere Tage bis Wochen im menschlichen Fettgewebe nachweisen lassen. Dies gilt aber ausschließlich für solche Cannabinoide, die keinerlei psychotrope Wirkung entfalten. Die THC-Bestandteile selbst, die für den berauschenden Effekt des Cannabis verantwortlich sind, haben sich bereits nach wenigen Stunden in unwirksame Verbindungen umgewandelt.[[Chesher/Longo, „Cannabis und Alkohol bei Verkehrsunfällen“, in: „Cannabis und Cannabinoide“, (Grotenhermen), 2001, S. 343f.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S.4; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), S. 133ff.; Grotenhermen/Karus, aaO. (Fn. 14), S. 225; Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 11; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 2; House Of Commons Library, aaO. (Fn. 23), S. 23; Wheelock, aaO. (Fn. 26), S. 9; United Kingdom Parliament House of Lords, aaO. (Fn. 34), Absatz 3.5. ]] Aus diesem Grund hat der konkrete THC-Wert des verwendeten Cannabisproduktes deshalb auch keinen Einfluss auf das Auftreten von Entzugserscheinungen.[[Gleiches gilt in diesem Zusammenhang auch für das Auftreten so genannter „Flashbacks“. ]]
bb. Psychische Substanzdependenz
Psychische Abhängigkeit wird als ein durch Drogen verursachter, innerer Zustand seelischer Zufriedenheit beschrieben, der mit der Tendenz einhergeht, die Droge periodisch oder dauerhaft zu gebrauchen, um auf diese Weise ein Gefühl des Glücks zu produzieren bzw. empfundenes Unbehagen zu vermeiden.[[Körner, BtMG- Kommentar, 2001, § 35, Rn. 37; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 162. ]] Deshalb muss immer zunächst die Unterscheidung getroffen werden, ob ausschließlich die entsprechend befragten Cannabiskonsumenten sich selbst als abhängig bezeichnen, oder ob dies auch nach den genannten Klassifikationssystemen zutrifft.[[Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 29f., hierzu auch: Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 80ff.. ]] Dies wird in den Darstellungen über die Folgen des Cannabiskonsums leider nicht immer deutlich gemacht.[[Vgl.: Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259 (265).]]
So gaben in einer durchgeführten Studie 23 % der befragten, ausschließlich cannabiskonsumierenden Personen an, abhängig von Cannabis zu sein.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 156f.. ]] Eine Einschätzung nach den Kriterien der DSM-IV ergab hingegen eine Abhängigkeitsrate von lediglich 2 %.[[Hierbei wurden die für Cannabis klinisch uneindeutige Entzugssymptomatik nicht berücksichtigt. Unter Einbeziehung dieses Kriteriums ergab sich eine Abhängigkeitsrate von 4 %, vgl. ausführlich: Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 155f.; hierzu auch: Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 29; Nedelmann, DÄBl 2000, A- 2833 (A- 2836); DBDD, Drogensituation 2002, Reitox- Bericht 2003, S. 111. ]] Diese Zahl stieg hingegen, sofern neben Cannabis auch andere illegale Substanzen konsumiert wurden. Hier lag die Cannabisdependenzrate bei 8 % der untersuchten Gesamtgruppe.[[Sofern auch hier wiederum die Entzugssymptomatik einbezogen wurde, ergab sich eine Dependenzrate von 14 %, vgl.: Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 155. ]] Bei der Klassifizierung des Schweregrades der Abhängigkeit[[Vgl. hierzu: Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 144f.. ]] konnte bei 1 % der Abhängigen eine schwere Symptomatik festgestellt werden.[[Unter entsprechender Einbeziehung der Entzugssymptomatik, ergab sich eine Quote von 3 % Schwerabhängiger, vgl.: Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 156. ]]
Andere Studien kamen dabei zu ähnlichen Ergebnissen, so dass feststeht, dass der Anteil an abhängigen Cannabiskonsumenten nur einen geringen Teil der Gesamtgebraucher ausmacht.[[Vgl. hierzu: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 163ff. insbesondere die Übersicht auf S. 167f.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 9; Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 8; House Of Commons Library, aaO. (Fn. 23), S. 26; Krüger/Löbmann, aaO. (Fn. 23), S. 54; EBDD, Jahresbericht 2004, S. 84f., 88f., 92. ]] Die überwiegende Anzahl an Konsumenten gebraucht bzw. gebrauchte demnach das Cannabis, ohne jemals psychisch dependent gewesen zu sein bzw. zu werden. Ein Grund hierfür ist darin zu sehen, dass der Konsum von Cannabis häufig nur ein verübergehender Zustand im Jugendalter darstellt, der mit Beginn des Erwachsenenalters regelmäßig eingestellt wird.[[So auch: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, aaO. (Fn. 99), S. 8; Quensel et al., „Zur Cannabissituation in der BRD“, in: „Cannabisbeleid in Diutsland, Frankrijk en de Verenigde Staten“, (Cohan/Sas) 1997, S. 25ff.. Hall, JAMC 2000, 1690 (1690); Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 28; Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 164; Zimmer et al., aaO. (Fn. 11), 2004, S. 49; 56, 154, Hall/Solowij, The Lancet 1998, 1611 (1611); Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 8; Martin/Hall, aaO. (Fn. 14), S. 2; United Kingdom Parlia- ment House of Lords, aaO. (Fn. 34), Absatz 4.32, Rn. 3.6ff.; EBDD, Jahresbericht 2003, S. 15f.; Tossmann et al., aaO. (Fn. 65), S. 145ff.; Tossmann, aaO. (Fn. 65)S. 9f., 20ff.; ähnlich: McGee et al., Addiction 2000, 491 (492); Krüger/Löbmann, aaO. (Fn. 23), S. 54; Ministry of Public Health of Belgium, aaO. (Fn. 75), S. 75. Hierzu auch: EBDD, Jahresbericht 2004 – Stand der Drogenpolitik in der Europäischen Union und in Norwegen, Luxemburg 2004, S. 28f., 88f.; Caspers-Merk, Drogen- und Suchtbericht 2004, S. 1. ]] Unabhängig hiervon bleibt zudem zu erwähnen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Abhängigkeit grundsätzlich nicht mit der Dauer des Konsums steigt.[[EBDD, aaO. (Fn. 165), S. 83; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 44, 158f.; Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 9.; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 28; anders hingegen: Hall et al., aaO. (Fn. 11), S. 73, die bereits bei einmaligem Konsum von einer Abhängigkeitschance von 1 zu 10 ausgehen, was aber nur aufgrund der eingeschränkten Literaturauswahl zu erklären ist. ]] Dagegen wird ein frühes Alter beim Erstkonsum mit einem intensiverem Gebrauchs- verhalten im weiteren Verlauf in Verbindung gebracht.[[EBDD, aaO. (Fn. 165), S. 87; Health Committee, aaO. (Fn. 19), S. 45; Pope et al., Drug nd Alkohol Dependence, 2003, S. 303 (306ff.); Soellner et al.,, Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis 1995, 65 (72); Nedelmann, DÄBl 2000, A-2833 (A-2836); Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 49; Fergusson/Horwood, Addiction 1997, 297 (289ff.). ]] Neuere Studien haben jedoch ergeben, dass ein häufigeres Einnehmen von Cannabis bei Jugendlichen eher selten festzustellen ist.[[Hierzu: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, aaO. (Fn. 99), S. 8; Caspers-Merk, aaO. (Fn. 165), S. 19ff.; EBDD, aaO. (Fn. 165), S. 29. ]]
Ungeklärt ist damit aber noch, welche Faktoren zu einer entsprechenden Abhängigkeit führen können. Auffällig ist, dass ca. 80 % aller dependenten Personen mindestens eine weitere psychische Störung aufwiesen, während innerhalb der nichtabhängigen Untersuchungsgruppe die Anzahl hier einen Satz von 28 % betraf.[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 165; hierzu auch: Peterson, aaO. (Fn. 33), S. 8. ]] Diese Unterschiede werden noch gravierender, sofern spezielle Störungen als Untersuchungsgegenstand herangezogen wurden. So litten 27,6 % der abhängigen Personen an einer antisozialen Persönlichkeitsstörung, während dies „nur“ auf 1,9 % der nichtabhängigen Probanden zutraf. Angststörungen wie z.B. Phobien und Panikstörungen konnten ebenfalls bei 21,6 % bzw. 7,8 % der Abhängigen diagnostiziert werden, im Unterschied zu 8,0 % bzw. 0,8 % bei Nichtabhängigen. Depressionen wiesen 18,6 % der Abhängigen auf, im Gegensatz zu 7,9 % der Nichtabhängigen. Dabei lag das durchschnittliche Auftrittsalter deutlich unterhalb des Alters, in welchem regelmäßig mit dem Drogenmissbrauch begonnen wurde.[[Vgl.: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 164; Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 105ff; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 20. ]] Auch die Selbsteinschätzung befragter Personen gehen mit diesen Ergebnissen einher.[[Kleiber/Soellner, aaO. (Fn. 56), S. 128ff.. ]] So gaben abhängige Konsumenten bedeutend häufiger an, weniger selbstwirksam und einsamer zu sein, als nichtabhängige Gebraucher dies beschrieben.[[Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 164f..]]
Die Gesamtbetrachtung der durchgeführten Studien lässt folglich den Schluss zu, dass Personen, die eine Cannabisabhängigkeit entwickelten, überwiegend bereits vor Konsumbeginn auch unter weiteren psychischen bzw. sozialen Störungen litten.[[Haller/Dietrich, aaO. (Fn. 14), S. 19f.; Gantner, Akzeptanz 2001, 18 (19); Quensel et al., aaO. (Fn. 165), S. 35; Grinspoon/Bakalar, aaO. (Fn. 14), S. 173; Caspers-Merk, aaO. (Fn. 165), S. 43; Simon/Sonntag, aaO. (Fn. 11), S. 27,30; Batra/Buchkremer, DÄBl 2001, A-2590 (A-2592); Soellner et al., Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis 1995, 65 (72f.); Nedelmann, DÄBl 2000, A-2833 (A-2836); Seifert, aaO. (Fn. 11), S. 6, der von 70 % der Fälle ausgeht. Hierzu auch: EBDD, aaO. (Fn. 165), S. 23; Schulz/Remschmidt, DÄBl 1999, A-414 (A-414ff.); Wuensch, „Cannabis und psychische Störungen“, in: „Cannabis“, (Hamburgerische Landesstelle gegen Suchtgefahren), 1994, 66ff.; Health Committee, aaO. (Fn. 19), S. 45. ]] Ob sich daraus aber auch ableiten lässt, dass das aus psychischen Störungen resultierende mangelnde Problembewältigungssystem der betreffenden Konsumenten, zu der Einnahme und im Weiteren zur Anhängigkeit von Cannabis führt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Daneben besteht auch die Möglichkeit, dass die Wirkungen des Cannabis selbst den eigentlichen Antriebsfaktor darstellen, Cannabis bis hin zur Entwicklung einer entsprechenden psychischen Dependenz zu konsumieren.[[So auch: Kleiber/Kovar, aaO. (Fn. 14), S. 166; DBDD, Drogensituation 2001, S. 67f.; Schulz/Remschmidt DÄBl 1999, A-414 (A-414ff.). ]]
Der oben bereits angeführte Kreis an Menschen, die nicht zum Konsum von Cannabis geeignet sind, muss damit hinsichtlich möglicher psychischer Folgeprobleme, um psychovulnerable Personen erweitert werden. Für diesbezüglich nicht vorbelastete Menschen ist aber weder mit dem Eintreten einer Cannabisabhängigkeit noch mit dem Auftreten sonstiger psychischer Probleme als Folge des wie auch immer gearteten Cannabiskonsums zu rechnen. Auch dieses Ergebnis steht dabei losgelöst von den durchschnittlichen THC-Werten.
f. Die Frage nach dem Anstieg des THC- Gehaltes
Bereits seit geraumer Zeit wird bei der Diskussion um die Gefahren des Cannabiskonsums häufig ein zum Teil „sprunghafter“ THC-Anstieg als Begründung für die Verwehrung von Verfahrenseinstellungen und für die Abstufung der „geringen Menge“ auf bundeseinheitliche 6 g angeführt.[[So erst kürzlich: Patzak/Goldhausen, NStZ 2007, 195 (195). ]]
Dies ist insofern erstaunlich, als dass die hierzu durchgeführten Untersuchungen aus dem Jahr 2002 einhellig zu dem Ergebnis kamen, dass der durchschnittliche Wirkstoff-Gehalt von Marihuana sowohl auf dem deutschen[[BKA, Rauschgiftjahresbericht 2002, S. 171f.; DBDD, Drogensituation 2002, Reitox- Bericht 2003, S. 51. ]], als auch auf dem europäischen[[King, aaO. (Fn. 1), S. 30ff.; EMCDDA, “Is cannabis getting stronger”, 2004, News Release Nr. 5, URL.: http://www.emcdda.eu.int/index.cfm?fuseaction=public.Attachment Download&nNodeID=2948&slanguage ISO=EN; King et al., Addiction 2005, 100 (7):884-6. ]] Markt im Vergleich zu den Vorjahren[[Die Europäische Studie geht hier zurück bis ins Jahr 1998. ]] grundsätzlich als stabil zu[[Bei den gemeldeten Reinheitsgehalten (Haschisch als auch Marihuana) wurde das bei thermischer Belastung zusätzlich entstehende Tetrahydrocannabinol mit berücksichtigt, vgl. BKA, Rauschgiftjahresbericht 2002, S. 171; Körner, BtMG- Kommentar, Anhang C 1 (Cannabis), Rn. 236. ]] erachten ist. Danach lag der durchschnittliche THC-Gehalt bei Marihuana und Haschisch nicht nur in Deutschland, sondern in den jeweils untersuchten europäischen Ländern, allgemein zwischen etwa sechs bis acht Prozent.[[Ausführlich: King, aaO (Fn. 1), S. 30ff.; EMCDDA, aaO. (Fn. 177). ]]
Umso mehr verwundert es dann, dass in einem jüngst erschienen Artikel ein bundesweit durchschnittlicher THC-Gehalt von 9 % Wirkstoffgehalt als Beleg für den sprunghaften Anstieg angeführt wird.[[Patzak/Goldhausen, NStZ 2007, 195 (196). ]] Dabei ist der Vergleich der Autoren mit Werten aus dem Jahr 1993 zwar grundsätzlich als Indiz für eine langfristige Erhöhung des THC-Gehaltes zu sehen, inwiefern hier die Zahlen aus dem Jahr 1993 aber dem gleichen wissenschaftlichen und technischen Forschungsstand entsprechen, wird nicht näher beschrieben.
Zudem bleiben die Autoren bei ihrer Darstellung nicht ganz unerhebliche Informationen schuldig. So führen sie z.B. nicht aus, dass die Wirkstoffgehalte entsprechend nach Straßenhandel, Kleinhandel und Großhandel unterschieden werden müssen.[[Vgl.: DBDD, Drogensituation 2006, Reitoxbericht, S. 95, wobei dies dort gemachten Darstellungen auf dem „Statistischen Auswerteprogramm Rauschgift“ (SAR), Zerell et al. 2006 sowie dem „Bundeslagebild Rauschgift 2005“ (BKA, 2006) basieren. ]] Danach werden im Großhandel Preissteigerungen von um die 10 % für Marihuana festgestellt. Vermutungen zur Folge, könnte dies in Verbindung mit einem steigenden Wirkstoffgehalt stehen. Aber auch wenn dies noch unklar ist, so steht bereits jetzt fest, dass beim Endverbraucher – und damit beim Konsumenten- eine solche Differenzierung in der Qualität bisher nicht zu finden ist.[[DBDD, Reitox-Bericht 2006, S. 97f.. ]] So wurde hier im Vergleich zum Vorjahr für das Jahr 2005 sogar ein Rückgang des mittleren THC- Gehaltes festgestellt.[[DBDD, Reitox-Bericht 2006, S. 97f.. ]] Dieser Abfall ist dabei insbesondere auf den rückläufigen mittleren Wirkstoffgehalt von Marihuana zurückzuführen, der 2005 bei 6 % lag, während 2004 ein Wert von durchschnittlich 9,9 % ermittelt wurde.
Insgesamt lagen die THC-Werte für Marihuana und Haschisch auch 2005 im Schnitt nach wie vor bei 8 %. Sofern hier ein leichter Anstieg Richtung 9 % zu vermerken ist, so ist hier zu betonen, dass die jeweilig ermittelten Zahlen durch sog. Zufasseffekte stark verändert werden können.[[Deutlicher wird dies noch an den stark schwankenden Wirkstoffwerten bei Kokain, Heroin und Amphetamin, vgl.: DBDD, Reitox-Bericht 2006, S. 98. ]] So wurden im Jahr 2005 rund 94.000 Cannabispflanzen beschlagnahmt, was seit 1999 die größte Zahl beschlagnahmter Pflanzen darstellt. Im Vergleich zu 2005 stellt dies eine Steigerung von 40 % dar.[[DBDD, Reitox-Bericht 2006, S. 97. ]] Die ermittelten Werte sind folglich immer auch unter dem Einfluss solcher Bedingungen zu betrachten.
Insgesamt kann damit gesagt werden, dass allenfalls langfristig ein geringer Anstieg des Wirkstoffgehaltes zu verzeichnen ist. Dabei macht die aktuelle Kenntnislage aber ebenfalls deutlich, dass solche Entwicklungen von bisher nicht einkalkulierbaren Schwankungen abhängig sind. Ob der Trend des mäßigen Wirkstoffsanstiegs dabei auch zukünftig anhält, kann dabei nicht mit Sicherheit gesagt werden. Vielmehr besteht auch die Möglichkeit, dass sich der absteigende Trend, der sich bei Marihuanaprodukten im letzten Jahr durchgesetzt hat, auch weiter anhält, bevor es dann wieder zu einem Anstieg kommt.
Als Argument für eine wie auch immer geartete Strafschärfung kann die Entwicklung des THC-Gehaltes jedenfalls nicht herhalten. Dies gilt insbesondere deshalb, da die potentiellen physischen, psychischen und sozialen Auswirkungen des Cannabiskonsums nicht vom THC-Gehalt, sondern vielmehr vom jeweiligen Konsummuster des Konsumenten abhängig sind.
So kann auch starkes Cannabis entsprechend gering bzw. wirkstoffarmes Cannabis entsprechen hoch portioniert werden, um den gewünschten Rausch zu erzielen. Je höher allerdings der THC Gehalt ist, desto weniger Substanz wird benötigt, wodurch gesundheitliche Schädigungen des Lungen-Bronchial-Systems reduziert werden können.
Insgesamt stellt die Diskussion um ansteigende THC-Gehalte damit ein in sich unschlüssiges und konstruiertes bzw. instrumentalisiertes Argument dar.
II. Zusammenfassung und Stellungnahme
Abschließend soll nochmals betont werden, dass mit dem vorliegenden Artikel nicht bezweckt werden soll, die potentiellen Risiken, die der Konsum von Cannabis nach sich ziehen kann, zu verharmlosen. So ist allgemein bekannt, dass es ausschließlich die eingenommene Dosis ist, welche die Gefährlichkeit bzw. Ungefährlichkeit einer Substanz bestimmt.[[So führte schon Paracelsus an: „Dosis sola Venenum fecit“; übersetzt: „Allein die Dosis macht das Gift“. ]] Aus diesem Grund wird es dabei auch seit längeren abgelehnt, eine Einteilung in „weiche“ und „harte“ Drogen vorzunehmen.
Zutreffender ist es vielmehr, von „harten“ und
„weichen“ Gebrauchsmustern zu reden.[Michels, „Zur sucht- und drogenpolitischen Strategie in der Bundesregierung – Drogenhilfe und Ordnungs- politik“, in: „Grenzerfahrung: Medizin, Drogenhilfe und Recht“, (Schneider/Buschkamp/Follmann), S. 14; Kuntz, aaO. (Fn. 11), S. 56; Körner, BtMG- Kommentar, Anhang C 1 (Cannabis), Rn. 253; Schmidt- Semisch, „Alternative Drogenkontrollmodelle“, in: „Drogenpraxis, Drogenrecht, Drogenpolitik“, (Böllinger/ Stöver), S. 446ff., Böllinger, KJ 1991, 405 (418); Hannsen, “Trennung der Märkte“, 1999, S. 18f., Bericht der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen “Von der Politik der illegalen Drogen zur Politik der psychoaktiven Substanzen” Url: [http://www.psychoaktiv.ch ]] Dies wird insbesondere bei der momentanen Diskussion um Folgen falscher Ernährung in Deutschland sichtbar.[[Vgl. zur aktuellen Diskussion: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,478167,00.html ]] Ziel dieses Beitrages war es daher, einen objektiven Überblick über den wissenschaftlichen Kenntnisstand der nationalen und internationalen Forschung zu vermitteln. Danach bestehen nach wie vor potentielle Risiken, die mit dem Gebrauch von Cannabis einhergehen. Diese sind jedoch nicht nur entsprechend kalkulierbar, sondern im Vergleich zu anderen legalen und illegalen Drogen, auch gesellschaftlich und politisch tragbar. Dies gilt dabei insbesondere für die Möglichkeit der psychischen Abhängigkeit. Nicht nur, das eine solche sich bei denkbar vielen Tätigkeiten wie beispielsweise Einkaufen, Sport, Essen, Sex sowie Computerspielen etc. entwickeln kann, darüber hinausgehend ist der Kreis der betroffenen Personen im Vergleich zur Konsumentenzahl als gering zu erachten.
Dabei soll natürlich nicht verschwiegen werden, dass auch der Konsum von Cannabisprodukten nicht von jeder Person unbedenklich betrieben werden kann. So ist Herz-Kreislauf-Patienten, Schwangeren, psychisch labilen Personen als auch aktiven Verkehrsteilnehmern vom Konsum abzuraten. Dies betrifft allerdings nicht ausschließlich Cannabis, sondern trifft auch auf jede andere legale bzw. illegale psychotrop wirkende Substanz zu. Bezüglich des Konsums seitens Jugendlicher kann dabei nichts anderes gelten. Auch hier sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um einen missbräuchlichen Gebrauch zu verhindern. Jedoch können die potentiellen Folgen, die bei Jugendlichen und Heranwachsenden aufgrund eines wie auch immer gearteten Cannabiskonsums eintreten können, nicht als Anlass genommen werden, um die Diskussion der rechtstaatlich gebotenen Freigabe von Cannabisprodukten[[Vgl. ausführlich: Krumdiek, aaO. (Fn. 9), S. 337ff.. ]] zu verfälschen.[[So aber: Patzak/Marcus/Goldhausen, in: NStZ 2006, 259 (266). Missverständlich in den Schlussfolgerungen auch: Petersen/Thomasius, aaO. (Fn. ), S. 160ff.. ]] Auch kann dies nicht die Forderung rechtfertigen, die geringe Menge im Rahmen der Einstellungsmöglichkeiten bundes- einheitlich auf verfassungsrechtlich fragwürdige 6 g zu begrenzen.[[So: Patzak/Goldhausen, in: NStZ 2007, 195 (198). ]]
Denn die Tatsache, dass eine Substanz für bestimmte Bevölkerungsgruppen Gefahren birgt, kann für die grundsätzliche Bewertung der Risikopotentiale nicht ausschlaggebend sein. So würde auch niemand auf die Idee kommen, bestimmte Lebensmittel wie z.B. Nüsse zu verbieten, nur weil es Menschen gibt, die auf den Konsum mit zum Teil lebensbedrohlichen Allergien reagieren. Hier ist vielmehr zu untersuchen, wie sich die Einnahme einer Substanz auf den durchschnittlichen und damit „normalen“ Konsumenten auswirkt. Sofern dies als Grundlage der Gefahreneinschätzung von Cannabisprodukten gemacht wird, kann dann aber nicht anderes gelten, als dass der moderate Gebrauch von Cannabis von Nicht-Risiko- Konsumenten als relativ ungefährlich zu erachten ist. Hieran kann auch ein potentieller Anstieg des THC-Gehaltes nichts ändern. Denn sofern es zu zukünftig tatsächlich zu einem signifikanten Anstieg des THC-Gehaltes kommen sollte, ist dies eher mit unterschiedlich starken Alkohol- und Kaffegetränken wie beispielsweise Bier und Schnaps sowie Milchkaffe und Espresso zu vergleichen. Je nach Rauschbedürfnis wird die mildere oder stärkere Variante vom Konsumenten vorgezogen, bzw. von dem einen oder anderen mehr oder weniger konsumiert. Die vom Cannabis ausgehenden potentiellen Risiken hängen dabei gerade nicht von der Höhe des Wirkstoffgehaltes ab. Zudem muss an dieser Stelle auch noch mal erwähnt werden muss, dass ein unkontrollierter Anstieg des THC-Gehaltes ausschließlich in der vorliegenden Kriminalisierung begründet liegt. Sofern sich der Deutsche Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der Verfassung für eine reglementierte Abgabe entscheiden würde, könnte der Staat sowohl den Verunreinigungsgrad, den Pestizid- und Schimmelbefall als auch den Wirkstoffgehalt entsprechend kontrollieren. Zudem könnte so – mehr jedenfalls als es die Kriminalisierung vermag- verhindert werden, dass eine Abgabe an Jugendliche erfolgt.
Insgesamt ist daher die verfälschende Darstellung von einer ansteigenden, neu entdeckten oder gar „medizinisch erwiesenen“[[So beispielsweise: Patzak/Goldhausen, in: NStZ 2007, 195 (198). ]] Gefährlichkeit in jeder Hinsicht kontraproduktiv. Erreicht wird damit ausschließlich, dass noch mehr ansonsten konform lebende Konsumenten in strafrechtliche Ermittlungsverfahren und den vielfältig belastenden Folgen verwickelt werden. Darüber hinausgehend wird auch die benötigte objektive Auseinandersetzung mit dem Thema fast unmöglich gemacht.
(Fortsetzung folgt..)
Dr. Nicole Krumdiek,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bremen und Mitglied des
Bremischen Instituts für Kriminalpolitik (BRIK)
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