Internationaler Experten-Kongress der Caritas international
Alice-Salomon-Fachhochschule, Berlin
vom 21.-23. Januar 2009
Die Nachfrage nach (illegalen) Drogen war im vergangenen Jahrzehnt
stabil hoch und ist für einzelne Drogen sogar angestiegen. Rund 250
Millionen Menschen konsumieren laut Vereinten Nationen illegale Drogen.
Und das trotz einer repressiven Politik der Nationalstaaten, die seit
1972 unter dem Titel “Krieg den Drogen” forciert und propagiert wird.
Da die Nachfrage steigt ist der Drogenhandel entsprechend weiter
lukrativ. Weltweit werden laut UN vorsichtig geschätzt pro Jahr
mindestens 400 Milliarden Dollar Umsatz im Drogenhandel erzielt; das ist
deutlich mehr als beispielsweise das größte europäische Unternehmen BP
mit 291 Milliarden Dollar an Umsatz ausweist. Von den zu erzielenden
Gewinnen ganz zu schweigen.
Auch die Produktionsflächen haben sich ausgeweitet. So haben die USA
zwar mit 2,7 Milliarden Dollar den “Plan Colombia” finanziert, der u. a.
durch die Besprühung von einigen Hunderttausend Hektar Kokasträuchern
mit Unkrautvernichtungsmitteln die Ausrottung der Cocapflanze in
Kolumbien erreichen sollte. Tatsächlich hat sich jedoch die Anbaufläche
verdreifacht.
Auf der anderen Seite beschränkt sich die gängige Drogenpolitik bislang
vor allem auf die Strafverfolgung. Andere Einkommensquellen wie
alternative Anbauprogramme für die bettelarmen Bauern in Bolivien,
Afghanistan oder Kolumbien sowie Prävention und Rehabilitation von
Drogenkranken spielten bislang kaum eine Rolle.
Auf Grundlage dieser Zahlen und Entwicklungen muss konstatiert werden,
dass das deklarierte Ziel der herrschenden Politik, eine “Welt ohne
Drogen” zu schaffen, nicht erreicht wurde. Die “Null-Toleranz-Doktrin”
in Bezug auf Drogen hat nicht die erhofften Ergebnisse gezeitigt. Im
Gegenteil: Die seit Jahrzehnten betriebene Drogenpolitik war
offensichtlich kontraproduktiv.
Vor diesem Hintergrund ist es Zeit, neue Antworten zu finden und eine
neue Drogenpolitik zu wagen. Wichtige Weichen auf diesem Weg sollen im
Frühjahr 2009 auf dem UN-Expertentreffen der “Commission on Narcotic
Drugs” in Wien gestellt werden. Der Caritas-Kongress “Drogenkonsum: Neue
Antworten, neue Politik” versteht sich als Vorbereitungstreffen für
diese Konferenz.
Diese neue Politik müsste anerkennen, dass Drogen Teil der
gesellschaftlichen Realität sind. Es wird deshalb nicht gelingen, eine
“Welt ohne Drogen” zu schaffen”. Vielmehr muss es darum gehen, einen für
den Einzelnen und die Gesellschaft verträglichen Umgang mit Drogen zu
erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen in zentralen Punkten die
Weichen der Drogenpolitik neu gestellt werden:
1. Anerkennung und volle Respektierung der Menschenrechte von Konsumenten
2. Entkriminalisierung der Konsumenten
3. Entkriminalisierung der Kleinproduzenten/Kleinbauern
4. Ausweitung und Finanzierung der Hilfsangebote für Abhängige
5. Anerkennung der Wechselbeziehung zwischen Drogen und Armut
6. Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Organisationen in der
Bestimmung der Drogenpolitik
Drogenprojekte der Caritas z.B. in:
Bangladesh
Ägypten
Honduras
Bosnien
Tadschikistan
Caritas international, das Hilfswerk der deutschen Caritas, unterstützt
seit 1996 weltweit Projekte und Aktivitäten, die die Reduzierung der
Drogennachfrage zum Ziel haben. Alle Projekte in Asien, Lateinamerika,
Afrika und Osteuropa verfolgen einen mehrfachen Anspruch:
Hilfsbedürftigen Wege aus Ihrer Sucht zeigen, für ihre Rechte
einzutreten und ihnen eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu
ermöglichen,
Netzwerke von Hilfsorganisationen und Experten sowie kommunalen und
staatlichen Stellen aufzubauen,
Hilfsansätze fortzuentwickeln und qualitativ zu verbessern.
Auf der Drogenkonferenz in Berlin werden Experten und Politiker aus
Asien, Lateinamerika, Afrika und Europa debattieren. Darunter auch
hochrangige Vertreter aus den Haupterzeugerländern für Kokain
(Kolumbien) und Opium (Afghanistan). Ihre Teilnahme zugesagt haben u. a.:
Sabine Bätzing: Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung
Prälat Dr. Peter Neher: Präsident des Deutschen Caritasverbandes
Carlos Ignacio Cuervo Valencia: Vize-Gesundheitsminister Kolumbien
Dr. Wardack: Abteilungsleiter Drogennachfragereduzierung im
Gesundheitsministerium von Afghanistan
Madame Souad Maamer epouse Berriri: Generalstaatsanwältin Tunesien