Quelle: www.abgeordnetenwatch.de
Von Martin Steldinger
18.01.2011
Werte Frau Dyckmans,
2009 verlangte der Präsident von Bolivien, Evo Morales, von der UNO dass sie die 1961er Single Convention ändern. Die Änderung sollte die Diskriminierung und das wisschaftlich unhaltbare Verbot des Cocablatt-Kauens aufheben, während das globale Kontrollsystem für Cocakultivierung und Kokain erhalten bliebe.
Den Zusammenfassungen von Diskussionen der “Horizontalen Gruppe Drogen” zufolge haben die USA eine Gruppe “Freunde der Konvention” vorbereitet, um der Abschaffung des Cocablatt-Kauverbotes entgegenzuwirken.
Die Ergebnisse des UN 1950 Kommission zum Kokablatt haben die Rechtfertigungen für das Verbot des Kokablattkauens in der Single Convention gerechtfertigt. Analysten haben den Bericht als Willkürlich, Unpräzise, Rassistisch und kulturell Unsensibel kritisiert.
Die UN Erklärung zu den Rechten indigener Menschen von 2007 sagt, dass indigene Menschen dass Recht haben, ihr kulturelles Erbe, ihr traditionelles Wissen und traditionellen kulturellen Ausdruck aufrecht zu erhalten, zu kontrollieren, zu beschützen und zu entwickeln.
Der Vorschlag der Bolivianer Entstand aus der Anerkennung des Kokablattes als Teil von Boliviens kulturellen Erbe. In der Madrider Vereinbarung der Europäischen Union – Lateinamerika und der Karibik, am 18. Mai 2010, erkannten die europäischen Länder das kulturuelle Erbe der indigenen Bevölkerung an
Meines Wissens nach hat Deutschland damit das Recht der indigenen Bevölkerung, ihr kulturelles Erbe zu schützen und zu bewahren, anerkannt.
Nun heisst es, dass Deutschland erwäge, Einspruch bei den Vereinten Nationen einzulegen.
Meine Frage ist dazu, in so einer Zeit, in der Drogenverbote das Erstarken und das Bereichern von kriminellen Kartellen zu so einem Maß ausgedehnt hat, dass sie Teile von Staaten wie Mexiko oder Guatemala versuchen zu besetzen – wird Deutschland Einspruch bei den Vereinten Nationen einlegen, und damit den Versuch der USA unterstützen, den bolivianischen Indigenen Vorschriften zu machen?
Antwort von Fra Dyckmans:
Sehr geehrter Herr Steldinger,
vielen Dank für Ihr Schreiben an die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans. Ich wurde gebeten, Ihnen zu antworten.
Die UN Single Convention von 1961 sah hinsichtlich der Erlaubnis des Kokablatt-Kauens für Bolivien nur eine Übergangsfrist vor, die 2009 ausgelaufen ist. Daher hat Bolivien mit Verweis auf die Erklärung der UN zu den Rechten indigener Menschen beantragt, das Kauen von Coca-Blättern aus der Strafbarkeit der Convention herauszunehmen. Dies ist jedoch nach Auffassung der Bundesregierung und vieler Unterzeichnerstaaten dazu geeignet, die bindende Wirkung der in den Vereinten Nationen über Jahrzehnte entwickelten rechtlichen Instrumente zur Bekämpfung der Drogenproblematik zu beschädigen.
Im Zuge der für diesen Entschluß maßgeblichen Ressortabstimmung wurden auch entwicklungs-, gesundheits- und drogenpolitische Aspekte diskutiert. Die Bedeutung des Kokablattkauens für die indigene Bevölkerungsmehrheit in Bezug auf traditionelle, kulturelle und indigene Rechte und Praktiken wird nicht verkannt. Dem Anliegen wird grundsätzlich Verständnis entgegengebracht. Daher wurde der von einigen Staaten und der Bundesregierung eingelegte Widerspruch mit einem umfassenden Gesprächs- und Kooperationsangebot an die bolivianische Regierung verknüpft. Ziel ist es dabei, gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, die illegale Drogenökonomie wirksam zurückzudrängen und gleichzeitig dabei bolivianische Belange zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sollen auch andere Partner z.B. innerhalb der EU (EU-LAC-Dialog) aufgefordert werden, diesen Dialog mitzutragen. Hierfür wurde seitens einiger EU-Partner bereits
Interesse und Unterstützung bekundet. Zudem wird die Bundesregierung die mögliche Einberufung einer Staatenkonferenz zur umfassenden Diskussion des bolivianischen Anliegens wohlwollend prüfen.
Andere Partner mit gleichgelagerten Interessen im Bereich der Drogenbekämpfung, darunter auch viele europäische Partner, haben ebenfalls Widerspruch eingelegt. Die Bundesregierung unterstreicht ihre Bereitschaft, die Zusammenarbeit mit Bolivien in der entwicklungsorientierten Drogenpolitik und der Drogenbekämpfung fortzusetzen und gegebenenfalls zu intensivieren. Dies schließt die bilaterale und multilaterale Projektkooperation ein (Antwort des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Dr. Werner Hoyer, auf eine entsprechende schriftliche Frage des Abgeordneten Klaus Barthel vom Januar 2011).
Gegen den Antrag von Bolivien haben von den EU-Staaten Deutschland, Dänemark, Frankreich, Estland, Großbritannien, Italien, Lettland, Slowakei, Malta und Schweden Widerspruch eingelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Uwe Schäfer