Source: Uni Münster
5 Juni 2013
Mit einem Richterspruch urteilte am Mittwoch ein Gericht in den Haag, das der niederländische Staat einer Reihe von Coffeeshops im Süden des Landes Schadenersatzzahlungen leisten muss. Grund dafür sei, dass die Einführung des so genannten „Wietpas“ vor gut einem Jahr zu Besucherrückgängen in vielen der Cafés geführt hat, in denen legal weiche Drogen konsumiert werden dürfen. Für das Gericht war der Wietpas ein zu weitreichender Eingriff von staatlicher Seite.
Der inzwischen wieder abgeschaffte Marihuana-Pass, und speziell der Aspekt, dass dieser Ausweis die Coffeeshops zu geschlossenen Raucherclubs mit eingeschriebenen Mitgliedern habe werden lassen, sei ein unverhältnismäßig großer Eingriff auf die Rechte der Besucher gewesen. Der Haager Gerichtshof begründete sein Urteil damit, dass potentielle Besucher der Coffeeshops durch das registrierungspflichtige Passsystem abgeschreckt wurden. Die Betreiber hätten hierdurch für einen Zeitraum von mehreren Monaten einen finanziellen Schaden erlitten. Wie hoch dieser Schaden und sodann auch der vom Staat zu leistende teilweise Schadenersatz seien, wird das Gericht noch zu einem späteren Zeitpunkt festlegen.
Nicht verurteilt hatte der Gerichtshof ausdrücklich aber das durch den Wietpas bezweckte Ziel, nur noch Einwohnern der Niederlande Zugang zu den Coffeeshops zu gewähren, und somit den oft mit zusätzlicher Lärmbelästigung und Kriminalität in den Innenstädten einhergehenden Drogentourismus – vor allem in den grenznahen Regionen – zu verhindern. Allerdings hätte es laut Ansicht des Gerichts verhältnismäßigere Mittel gegeben. Eine einfache Eingangskontrolle anhand einer Einwohnermeldebescheinigung einer niederländischen Kommune – wie mittleiweile zum Teil auch praktiziert – hätte ausgereicht und für Betreiber wie Kunden der Coffeeshops lange nicht so stark eingreifend gewirkt wie der Wietpas.
Nach Ansicht von Coffeeshopbetreibern habe der einschreibungspflichtige Marihuana-Pass, der in der südlichen Provinzen der Niederlande zwischen Mai und November 2012 galt, seinerzeit dafür gesorgt, dass 90 Prozent der Kundschaft einbrach. Aus diesem Grund gab es vor Einführung des Passsystems auch breite Kritik in den Niederlanden (NiederlandeNet berichtete).
Nach dem jetzigen Urteil zitierte die niederländische Tageszeitung Trouw den Kläger des Verfahrens, Coffeeshopbetreiber Peter Hendriks. Dieser sei den Richtern nach der Urteilsverkündung zunächst vor allem für die moralische Unterstützung dankbar – der kompletten Schaden, den er durch die in 2012 verschärften Maßnahmen erlitten habe, wir wohl sowieso nie wieder gut gemacht werden. So habe Hendriks , der einen Coffeeshop im grenznahen Sittard betreibt, nach Einführung der strengeren Regeln nach eigenen Angaben drei Viertel seiner Kundschaft verloren. Viele niederländische Kunden kehrten Hendriks damals den Rücken.
Der zuständige niederländische Justizminister Ivo Opstelten (VVD) kündigte als Reaktion auf das Urteil jedoch an, dass er gegen die Entscheidung der Richter Berufung einlegen wird. Opstelten teilt die Ansicht des Gerichtes nicht: „Es geht hier um ein erlassenes Gesetz, das durch das Parlament gebilligt wurde und das darf man auch ausführen.” Nach Einschätzung des Minister hat die Berufung gute Erfolgschancen.
Weitere Hintergründe erfahren Sie auch in unserem Dossier Drogenpolitik in den Niederlanden.
Verdict: CA1921