2 juli 2014
Von Eric Frey
Die Zeit ist reif für die Legalisierung – und Österreich könnte zum Vorreiter in Europa werden
Die Tiroler SPÖ hat sich mit ihrer Empfehlung für die Legalisierung von Cannabis weit hinausgewagt. Aber die Genossen im Westen, die sonst kaum inhaltliches Profil zeigen, haben ganz recht. Die Zeit für die völlige Legalisierung von weichen Drogen ist auch in Europa gekommen – und kleine Länder können ruhig vorpreschen.
Dass die Strafverfolgung von Drogenkonsum und -handel ein Irrweg ist, der aus einem moderat gesundheitsschädlichen Verhalten ein riesiges Geschäft für das organisierte Verbrechen macht, sagen Experten schon seit Jahrzehnten.
Vor allem bei Cannabis, das insgesamt nicht schädlicher ist als Alkohol und Tabak, sind Verbote kontraproduktiv: Gekifft wird trotzdem, für die meisten ohne Folgen. Gefährlich ist es nur für die, die in die Mühlen der Justiz geraten; sie können dann aus der Bahn geworfen werden. Und der überhöhte Gewinn fließt an Schwarzhändler, die dafür keine Steuern bezahlen.
Entkriminalisierung ist nicht genug
Der Trend geht zwar schon länger in Richtung Entkriminalisierung, aber das löst nur einen Teil des Problems: Konsumenten landen zwar nicht im Gefängnis, aber das Geschäft bleibt illegal, schmutzig und vor allem unbesteuert. Eine Tätigkeit, die verboten ist, aber nicht verfolgt wird, untergräbt außerdem die Prinzipien des Rechtsstaats. Diesen Widerspruch hat zuletzt auch der “Economist” in einem Leitartikel betont.
Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) liegt falsch, wenn er als Reaktion auf seine Tiroler Genossen sich für die Entkriminalisierung, aber gegen die Legalisierung ausspricht.
Bis vor kurzem gab es allerdings das Problem, dass einzelne Länder, die bisher aus der Front der Drogenkrieger ausgeschert sind (Niederlande und zeitweise die Schweiz), zu einem Magnet für Drogenabhängige aus anderen Ländern wurden. Das schraubte dort die sozialen Kosten des Drogenkonsums in die Höhe. Eine europa- oder gar weltweit koordinierte Legalisierung war nicht in Sicht – vor allem wegen der massiven Ablehnung der USA und ihres “War on Drugs”.
Von Colorado bis Uruguay
Doch das hat sich nun geändert. Zwei US-Bundesstaaten – Colorado und Washington – haben Cannabis nicht nur entkriminalisiert, sondern wirklich legalisiert, und bisher sind keine der apokalyptischen Warnungen eingetroffen. Uruguay ist das erste Land der Welt, das diesen Weg geht. Andere werden bald folgen.
Deshalb ist jetzt die Zeit für progressive Gruppen gekommen, sich für die völlige Legalisierung einzusetzen. Tirol kann die Strafgesetze nicht im Alleingang ändern, aber die Republik Österreich könnte und sollte dies tun. Cannabis sollte wie in Colorado in konzessionierten Geschäften verkauft werden.
Und wenn man sich über diese Hürde noch nicht hinübertraut, könnte das in Tirol in einem Versuch getestet werden. Wenn der Föderalismus für irgendetwas gut sein kann, dann für solche sozialpolitischen Experimente.
Anständiger als Tanktourismus
Ein erster Ansturm von Kiffern aus ganz Europa würde zuerst zu einem Boom an Cannabis-Läden und entsprechenden Steuereinnahmen führen. Das ist anständiger verdientes Steuergeld als die Gewinne aus dem Tanktourismus, die zum Klimawandel beitragen.
Aber ich bin überzeugt, dass dieses Monopol nicht lange halten würde. Andere EU-Länder würden bald dem Beispiel folgen. Und Österreich wäre einmal bei einem wichtigen gesellschaftspolitischen Thema Vorreiter und nicht Nachzügler.